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Tags Familie, nachts Arbeit

Foto: Reikowski

Wasserburg - Für Marianne Habrmann beginnt die Arbeitswoche dann, wenn andere nach dem Tatort auf dem Sofa einschlafen. Am Sonntagabend um 21.55 Uhr parkt sie auf dem Firmengelände der Gronbach GmbH, loggt sich mit ihrer Mitarbeiterkarte ein, betritt die grell erleuchtete, laute Produktionshalle und winkt ihren Kollegen im Vorbeigehen zu. In der Halle der Kunststoffproduktion erhält sie einen Schnellhefter mit ihrem Arbeitsauftrag. "Heute Nacht werde ich solche Lüfterräder herstellen, die braucht man für Kühlschränke, Herde, auch für Motoren." Sie meldet den Auftrag am Computer an und geht zur Maschine, der 97er.


Für die 51-Jährige ist es wichtig, dass sie nur nachts arbeitet und keine Tagschichten bekommt. "Wenn ich den Rhythmus beibehalte, fällt es mir leicht. Ich kann nicht sagen, dass ich gesundheitliche Probleme durch die Nachtschicht habe." Sie hat über die Jahre gelernt, was ihr gut tut. Während der Arbeit trinkt sie warmen Tee, in der Pause gibt es Vitamine. Sie legt sich hin, bevor sie zur Arbeit geht und schläft danach den ganzen Vormittag. Und, sie lacht: "Ganz wichtig ist das gemeinsame Frühstück mit der Familie, wenn ich nach Hause komme. Danach gehen mein Mann und meine Tochter aus dem Haus und ich gehe schlafen."

Fast seit der Zeit, als ihre Familie die Landwirtschaft aufgab, arbeitet sie bei Gronbach - inzwischen sind es 22 Jahre. Ihr Mann ist seit 25 Jahren im Unternehmen. Die Familie veränderte sich im Lauf der Jahre: Eine Tochter und ein Sohn kamen zur Welt, einige Jahre später noch eine Nachzüglerin, sie bauten ein Haus in Griesstätt. "Und die Firma Gronbach hat mir immer ermöglicht, dass ich flexibel arbeiten kann. Mal in Teilzeit, mal die Spätschicht und seit acht Jahren eben nachts in Vollzeit." Sie probierte für ein paar Monate aus, ob sie diesen Arbeitszeiten standhalten würde und blieb dann dabei. Und so organisiert sie Tag für Tag das Leben der Familie. Arzttermine und Behördengänge lassen sich tagsüber gut erledigen, abends kocht sie vor und legt sich dann noch für ein paar Stunden hin. "Das funktioniert eigentlich ganz gut. Mein Mann unterstützt mich, kocht manchmal oder muss auch mal putzen, wenn viel liegenbleibt. Auch meine Kinder haben schon früh im Haushalt mitgeholfen und sind dadurch schnell selbstständig geworden."

Sie öffnet die Maschinentür, schiebt einen Metallring auf eine Öse, schließt die Tür. Die Maschine schiebt einen Arm nach vorne, Marianne Habrmann wartet. Wenn der Arm nach hinten fährt, öffnet sie die Tür, entnimmt das noch warme Plastikteil. Sie prüft es und legt es auf ihren Arbeitstisch. Der Stapel wächst. "Wenn ich nur an der Maschine stehe und nicht selbst etwas zusammenstecken muss, vergeht die Zeit langsamer", lacht Marianne Habrmann. Dann hat sie meist einen Tiefpunkt zwischen drei und vier Uhr morgens, muss sich während der Wartezeiten viel bewegen, um nicht zu müde zu werden. Kaffee trinkt sie vorher, wenn sich alle Nachtschichtler um 2 Uhr zur Pause in der Kantine treffen.

Klar gibt es auch mal Schwierigkeiten, Familie und Nachtschicht unter einen Hut zu bringen. Sie erzählt: "Nicht immer waren meine Kinder einverstanden, dass die Mama abends wegmusste. Inzwischen haben wir aber ein Ritual. Meine jüngste Tochter legt sich abends mit mir hin, wenn ich vorschlafe. Dann ratschen wir noch ein bisschen." Und dass die Arbeit trotz des Lärms nachts ruhiger ist, weil um sie herum weniger Bewegung ist und weniger Maschinen laufen, kommt ihr da auch entgegen. "Wenn es außenrum ruhiger ist, ist man mehr bei sich. Und mir fällt plötzlich ein, wie ich etwas anders machen kann. Probleme haben dann auf einmal eine ganz einfache Lösung." Und wenn sie mittags ausgeschlafen ist, bleibt ihr noch der Nachmittag, um die Einfälle der Nacht dann auch umzusetzen.
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