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Apostile

Die Partykolumne - Festivaltypen

Man war ja aktuell vergleichsweise viel draußen. Zumindest wenn man ein halbwegs vernünftiger Mensch ist, so wie, öhm, ich. Draußen ist schön, draußen ist gesund, und daheim sterben die Leut‘, wie wir alle wissen. Gewohnt werden kann ab Oktober wieder. Zum Draußensein im Allgemeinen gehört zwingend das Draußensein im Speziellen, nämlich auf Open Air Veranstaltungen jedweder Couleur. Freiluftkino hier, Freiluftsport dort, Freiluftmusik überall. So muss das, so soll das. Was bei all diesen Veranstaltungen, die sich für gewöhnlich durch eine relative Überfülle von bis zu acht Personen pro Quadratdezimeter auszeichnen, nicht fehlen darf, sind charakteristische Menschentypen, ohne die eine jede Draußensache einfach nur halb so schön wär. Typ 1 ist der, der erfahren, vorbereitet und vorausschauend ist. Deswegen trägt der Typ einen Rucksack auf seinem breiten Kreuz, der die Größe eines Kleinwagens nicht unterschreiten sollte. Man weiß ja nie, was kommt: Regen, Sonne, Eiszeit, Wechselunterhose, Butterstullen, Wasser, Bierfässer. Zeug. Dass des Rucksackmenschen Umfang sich damit jedoch rückwärtig verdoppelt, das vergisst er, und so kuschelt er unentwegt mit um- und vor allem hinter ihm Stehenden. Wie fein, mehr Liebe und Nähe für alle! 

Typ 2, das ist derjenige, der sich daheim denkt: Ach schau wie schön, ein Musikfest in der ganzen Innenstadt, da sollen 500 000 Menschen kommen, da will ich auch hin! Und meine Brut, die steck ich in den Kinderwagen, und zwar nehm ich da nicht den Klapperbuggy, sondern den mit der SUV-Gelände-Getränkehalter-Airbag-iPod-Luxusausstattung. Das geht dann schon. Und mei wie praktisch, da kann ich dann unten in die Ladefläche auch noch meinen Hausrat (vgl. Typ 1, der) hineintun. Gesagt getan, und dann wundert sich das Gespann auf einmal: Nanu, so viele Menschen, und niemand macht mir Platz, dabei hab ich doch ein Kind, also wirklich, unerhört, nirgends kommt man durch, das Allerletzte, Kinderhassdeutschland, na warte, euch werd ich’s zeigen und fahr euch in die Hacken! Das geschieht dann mit viel Schwung und wenig Elégance, und mit viel Glück erwischt man einen dieser unverantwortlichen Deppeneltern, die ihr Kind in einer Kraxe oder gar auf den Schultern durch die Feier tragen. 

Typ 3 jedoch ist mir der liebste, zeichnet der sich doch durch besondere Toleranz und Veranstaltungskompetenz aus. Solche findet man beispielsweise direkt an Eingängen sich rasch füllender Konzertgärten. Inwändig. Da, wo dauernd Besucher hinein- und durchmüssen, stellt der Mensch sich breitbeinig hin, schließlich hat er sich jetzt diesen Platz ergattert, und weicht keinen Millimeter, „wo kommen wir denn da hin“, schnaubt er und hasst die Welt. Um seinen Platzhirschstatus zu verteidigen, ist ihm jedes Mittel recht, und da helfen weder sanfte Berührungen mit dem Samthandschuh noch gesäuselte Entschuldigungen mit der Kreidestimme. Nein, auf die wird mit sofortiger Maßregelung verbaler wie handgreiflicher Art reagiert, weil „wo kommen wir denn da hin“. Leider ist das mit den Open Airs jetzt fast vorbei und ich muss mir neue Lieblingsmenschen suchen. 

Drinnen: „Sans Souci“ (Desi, Brückenstraße), „Querbeat“ (KK, Königstraße), „Pon di Attack“ (Nano, end.), „12 Y Rakete“ (Vogelweiherstraße), „Sputnik“ (Mitte, Hallplatz), „Neon“ (Mach, Kaiserstraße) oder dann am Samstag bei „Bucovina Club“ (Festsaal, Königstraße), „Pull the Trigger Sommerfestival“ (Hirsch, Vogelweiherstraße), „Ü40“ (Mississippi Queen, Donaustraße), „Singleparty“ (T90, Flughafen), „Buckshot“ (Stereo, Klaragasse), „Reggae hit the Town“ (Zentralcafé, Königstraße) oder halt lieber doch das ganze Wochenende auf dem Trempelmarkt. Aber da fehlt mir die Musik zu meinem Glück.