Advent, Advent, ein Lichtlein brennt: Am Schalter für den Glühweinkessel. Das ist eigentlich schön, weil es draußen finsterkalt ist und so ein Tässchen sowohl die Hände als auch den Geist erwärmt. Jetzt gibt es da nur zwei unumgängliche Teufelskreise, die zu durchbrechen bisher noch keine Lösung gefunden wurde.
Problem eins bezieht sich auf die konkrete Genusssituation, das zweite auf die lange Sicht. Denn es ist doch so: Zum Preis von plusminus zweifuchzich erstehen wir das süße Gebräu. Gierig versuchen wir alsgleich, den ersten Schluck zu nehmen und verbrennen uns gehörig die Zunge.
Artig warten wir, dass das alkoholische Heißgetränk dank (bestenfalls) arktischer Außentemperatur auf angenehme Trinktemperatur abkühlt. Und genau hierbei wird's perfide. Der erfahrene Genießer weiß, dass sich ihm jetzt ein Zeitfenster von ziemlich genau zwei Minuten öffnet. Danach ist Glühwein vor allem eins: kalt. Und damit schlichtweg greißlich. Also leert er zügig seine Tasse.
Wenn er Glück hat, ansonsten leert er zügig seinen Stiefel, und da ist die ganze Angelegenheit noch vertrackter. Denn aufgrund der Anatomie des Behältnisses kann sich am Becherboden mehr Flüssigkeit abkühlen, die dann in einem letzten großen Schluck zum Vorschein kommt. So.
Jetzt ist die Tasse also schon leer. Das bringt mit sich, dass der andere Grund, aus dem wir den Punsch so gerne trinken, nicht mehr bedient wird: Keine heiße Tasse wärmt mehr die klammen Pfoten. Man kann schon sehen, wohin das führt. Zur nächsten Bestellung, genau. Und gerne mal in einen vorzüglichen Schwips. Und direkt zu Problematik zwei - wobei hier zugegeben werden muss, dass aufgrund der klimatischen Entwicklungen dieses Jahres die Langzeitschäden sich in Grenzen halten könnten. Verhielt es sich doch in der Vergangenheit stets wie folgt: Wie jedes Jahr völlig überraschend kommt nach dem Sommer der Herbst, und mit ihm einigermaßen erfrischende Temperaturen. Das erschüttert uns jedes Mal wieder bis ins Mark, so dass wir uns beim ersten Mal 15°C in die Polarjacke werfen und, jetzt kommt's, nach Glühwein lechzen. Nach einer gewissen Gewöhnungszeit findet man sich dann auf dem Christkindlesmarkt wieder. Und auf einmal fällt einem auf, dass es viel zu warm ist. Alles. Polarjacke auf, Skihandschuhe aus, und was soll jetzt das mit diesem Glühwein? Wissen wir nicht, gehört aber irgendwie dazu, also fröhlich weiter her damit. Zum Jahreswechsel bricht er dann für gewöhnlich über uns herein, der Winter mit seinen schier unvorstellbaren Minusgraden, und jetzt wären eigentlich die Bedingungen gegeben für all die Eierpunsche und Feuerzangenbowlen. Nur wurde man ja als Einwohner der Weihnachtsstadt Nürnberg seiner damit einhergehenden Pflicht zur Genüge gerecht, so dass man das Zeug jetzt einfach nicht mehr sehen kann und will. Bis mindestens den folgenden Dezember nicht, schreit man. Um dann Ende Oktober schlotternd die erste Flasche zu erwärmen.