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Zauberwort Selfpublishing - die Autorin Michelle Schrenk

„Mir ist egal, was andere über meine Bücher denken. Ich bin, wie ich bin, und ich bin glücklich mit dem, was ich tue.“ Michelle Schrenk schreibt Liebesromane. Über 30 Bücher sind es mittlerweile, deren Titel lauten „Welche Farbe hat dein Himmel?“ oder „Als ob du mich liebst“, „Kein Horizont ohne Licht“ oder „Kein Himmel ohne Sterne“. Das finden viele Menschen doof, wesentlich mehr Menschen aber ziemlich gut: Weit über 400 000 Bücher hat die 39-Jährige Nürnbergerin bislang verkauft und longiert regelmäßig in den einschlägigen Bestsellerlisten, wenn sie sie nicht gerade anführt. Das Bemerkenswerte: Michelle Schrenk ist Selfpublisherin. 
Kein Verlag, der die Werbetrommel rührt, kein Agent, der Kontakte herstellt, kein Lektor, der den Seiten spitzfingrig zu Leibe rückt. Die zweifache Mutter ist eine One-Woman-Show, deren Motivation so hehr wie erfolgreich ist: „Ich will schöne Geschichten in die Welt schicken, ein bisschen Spaß und Glück, mit dem sich vielleicht jemand identifizieren kann. Und wenn ich nur eine Person erreiche, die ich glücklich mache, dann ist es gut.“ Was so leichthin glänzt, war freilich nicht immer golden. In Nürnberg aufgewachsen, weiß die 16-Jährige nicht recht, was sie machen will, und macht dann Kauffrau für Bürokommunikation, später Werbeagentur und ein Studium in Kommunikationsdesign. Doch was die Karriere zum erblühen bringt, lässt etwas anderes beinah verdörren: eine sprühende Fantasie, die sie als Kind schon immerzu Geschichten stricken lässt und als Zehnjährige ein Lebensziel ins Tagebuch notieren: Autorin werden! 
Ein 2008 spontan belegtes Schreibseminar ebnet schließlich den Weg – doch trotz Idee und Knowhow noch längst nicht in einen Verlag. „Self Publishing gab es damals quasi nicht, dafür haufenweise Autorenhandbücher“ und schließlich – hört hört! – einen Termin beim VNP, der sich bereit erklärt, Schrenks „geheimnisvolles Nürnberg Buch“ zu veröffentlichen. Eine kleine Tür war offen, 2012 folgte ein großes Tor: Amazon Self Publishing ging an den Start – und damit „eine Möglichkeit, alles genau so zu machen, wie ich das will.“ Michelle Schrenk schmeißt den Job, hat sich „richtig reingefuchst und alles ausprobiert“ – und erfährt eine herbe Enttäuschung: niemand kauft das Kinderbuch. Die Idee: „Dann schreibe ich eben, was die breite Masse interessiert – Liebesromane in Nürnberg mit den Vibes und Erinnerungen von damals.“ 
Das funktioniert. Die eigene Jugend und Zeit als junge Erwachsene zwischen Stargate, Forum und Jugendtreff. „Unter hellblauem Himmel“ verarbeitet „eigentlich nur das, was ich selbst schon gefühlt habe.“ Ein Erfolgsrezept, das für sie bis heute trägt und ihr die Gunst der Leser und Leserinnen bringt: Die fühlen sich verstanden und gehört. Mit den glücksglitzernden Hochs und dunkelschwarzen Tiefs. Mit Schicksalsschlägen, Krankheiten und Wirrungen, Freundschaft, Liebe und Enttäuschung – in unzähligen Bewertungen auf Amazon ist zu lesen, wie sehr Michelle Schrenk die Menschen berührt. Mit ihrem Buch „Irgendwo hinter den Wolken“ war sie eine der drei Finalisten des Kindle Storyteller Awards 2019. Anerkennung von aus der Verlagswelt: keine. 
Über 30 Titel hat sie bislang Jahren veröffentlicht – „keine 400 Seiten Wälzer“, manches sei auch auf 200 Seiten erzählt, aber „ich hab keine Vorgabe, keine Chefs. Das ist alles nur meins.“ Zu Beginn, sagt Schrenk, da habe ja niemand gewusst, was das soll mit dem Selfpublishing, irgendwelche Muttis halt, die auch mal schreiben. „So wie ich“, lacht die Autorin und dass sie dafür in Leipzig verächtliche Blicke eingefangen habe. Das sei heute anders: Das Veröffentlichen in Eigenregie ist ernstzunehmende Konkurrenz zur etablierten Literaturwelt geworden, v. a. finanziell. Doch mit dieser Entwicklung wird auch das eigene Investment höher: „Sowas ist einfach kein Selbstläufer“, sagt Michelle Schrenk und erzählt, was da alles dranhängt. Und wie man da immer dranbleiben muss. Jeden Tag schreiben, wenn die Kinder in der Kita sind, notfalls länger und dann auf dem Klo. Werbung organisieren und Cover gestalten, Newsletter schreiben und Social Media Kanäle pflegen, „und dann will man ja auch mal das Haus verlassen, Essen oder Trinken.“ 
Die Zusammenarbeit mit einem Verlag hat sie nochmal ausprobiert, aber „das ist nichts für mich.“ Zu viele Vorgaben und Köche am Brei. Michelle Schrenk weiß, wo sie daheim ist. Weiß, dass sie vielen nicht literarisch genug ist, die finden, ihre Geschichten klingen „wie ein Schulaufsatz.“ Aber sie weiß auch: „Einfach ist nicht immer schlecht.“ In ihren Romanen ist kein philosophischer Tiefgrund und kein komplexer Satzbau, hier wird nicht mit Weltwissen jongliert. Dafür mit anderem. „Ich bin kein Goethe. Aber ich unterhalte mit Herz und Gefühl, um Lesern schöne Momente zu bereiten. Ich brauche nicht hochtrabend zu sein, um Leute zu erreichen.“ Ob andere ihre mehrfach ausgezeichneten Romane für Schundliteratur und Groschenromane halten, ist der fröhlichen Mama herzlich egal. Grade raus heißt das: „Ich verkauf’s wenigstens.“ Oder anders: „Ich habe mein Ding gefunden. Was noch kommt, bestimmen die Leser – und das Glück.“