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Apostile

Rauf aufs Sofa - Auf dicke Raupe machen

Liebe Gemeinde, wir haben einen großen Verlust zu betrauen. Bitte findet euch gemessenen Ab- und Anstands, vielleicht eh eigentlich lieber nur metaphysisch und eigentlich vor allem Hauptsach weit weg von mir bei mir ein, um gemeinsam Abschied zu nehmen von einer zuletzt so liebgewonnenen … Moment, Telefon. Ah, der Marckus, grüßdichservus! … Nichts schreiben über diese Diskothekensach… Nein, warum hätt ich sollen? … Vorzeitiger Abgesang auf Moral und Solidarität, meinst du, wär das?… Unethisch? Du, ich hab mir da jetzt gar nicht so Gedanken gemacht, muss ich sagen, weil im Neoliberalismus hast doch eh… Einzelne Machenschaften, richtig, das find ich auch. Weil hast immer Schwarzlichtschafe in so einer … Du, nein, ich hätt da gar nichts geschrieben, weil muss sich eh eher die Justiz mit straffer Hand drum kümmern, denk ich, aber weißt … Kein Verständnis, meinst du? Ja, doch hab ich schon eins, weil schau, das ist halt wie überall auf der Welt: Wenn du erst einmal einen Lebensstil gewohnt bist, dann schaust halt, dass du den halten … Mafia, findest du? Nein so weit würd ich nicht gehen wollen, aber so eine Leasingrate will halt auch b… Nach denen die Sintflut, das stimmt, dabei hatten wir doch neulich erst … Kein Abstand, genau, du sagst es. Ach, Anstand? Verzeihung, es stürmt recht, glaubst du’s – von einem Tag auf den anderen ist Herbst, so schnell hast du gar nicht … Schnelle Runde Wilde Maus in der Mittagspause, das machst, das lockert alles wieder recht fein auf. Ade! … So, Verzeihung, also wo war ich? Verlust, genau. Also es war so, dass ich ja immer so schimpf über die Natur, dass die plötzlich so arg zu einem heimkommt anstatt gefälligst da zu bleiben wo sie hingehört, nämlich halt draußen, und selbst da nervt sie umeinander weil sie hat einen eigenen Willen, wo man sagt: Das muss nicht sein, und mit genau so einem Willen hat sich jemand meines Eigentums bemächtigt, wo du sagst: jetzt reicht’s! Weil von einem Tag auf den anderen war statt meinem Basilikumgebüsch auf dem Balkon plötzlich nur mehr Emmentaler im Kasterl, quasi Baluftikum. Hab ich geprüft und am Bäumchen gerüttelt und geschüttelt und aber statt Gold und Silber ist da ein Mordstrum Raupe rausgepoltert, und anstatt dass ich gehört hab auf was alle um mich rum geschrien haben: Hau’s davon, schneid’s entzwei, nieder mit dem Ungeziefer! hab ich’s in ein Glas gefüllt und genährt. Und da muss ich jetzt schon sagen: Beim Zuschauen wie schnell so ein dicker Raup Unmengen Kraut in kleine schwarze Kugerln verwandeln kann, da ist er mir ans Herz gewachsen, einen Namen hat er gekriegt: Gustl freilich, und ich dacht: Mei, des wird mein erster eigener Schmetterling! Kurz darauf hat er sich eingewoben, ganz niedlich ein Bett gebaut und zugedeckt mit einem Blatt, wirklich ganz fein – doch jetzt, was soll ich sagen? Kein Schmetterling weit und breit. Unterm würzigwohlen Federbett: nurmehr heiße Luft. Der kleine Freund zu Staub zerfallen, große Hülle, nichts dahinter. Naja. So ist das, wenn man auf dicke Hose macht. Raupe, mein ich.