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Latin Airport Festival 2019

Jedes Wochenende nach Ibiza jetten, im Hotel eine kleine Mütze Schlaf aufsetzen, rauf auf eine Bühne, voller Einsatz, zurück nach Nürnberg und sich dort neben der Leitung einer Diskothek und dem, was landläufig als „Alltag“ und „Bürokram“ bekannt ist, mal eben noch das mittlerweile deutschlandweit größte Festival für lateinamerikanische Musik organisieren – manch einen befällt da schon beim Zuhören eine große Erschöpfung. Nicht jedoch Marc Klages. Einzig die Stimme schwächelt etwas. Ansonsten ist der 48-jährige Clubbetreiber, Kopf des unlängst zu hochkarätiger Berühmtheit aufgestiegenen „Fogon Soundsystems“ und wackerer Prophet in Sachen Latin Music eigentlich nur eins: stolz. „Dass wir bei der Premiere 2018 schon 5000 Besucher hatten, war ein toller Überraschungseffekt. Aber dass wir in diesem Jahr auf dem besten Weg sind, das Kontingent von 12 500 zu knacken – das ist doch verrückt!“, freut sich Marc Klages, der seit vielen Jahren mit dem Fogon im Klingenhof einen kleinen Club betreibt, der sich vom Liebhaberprojekt zum deutschlandweit gehandelten Geheimtipp in Sachen lateinamerikanischer Musik gehandelt wird. Auch hier beginnt die Geschichte mit dem Draußentanz im Gärtla, wo vor vier Jahren ein paar Freunde mit Kind und Kegel das Tanzbein zu schwingen begannen und mittlerweile die sonntägliche Tanznachmittage in verschiedenen Biergärten der Region ein Dauerbrenner sind. Dass da ein Wunsch nach einem „Größer“ aufkommt, liegt auf der Hand. Dass Luis Fonsis „Despacito“ 2017 diesem Wunsch einen gehörigen Anschub gegeben hat, weiß auch Klages, denn „wir haben uns immer in so einem komischen, weitestgehend unbekannten Bereich bewegt, den kein Mensch nachvollziehen konnte – das ist heute völlig anders.“ Und so hat er weiter dran geglaubt, dass das geht mit der Latin Music, dass die Leute das wollen – und dass das gut ist für’s gemütliche Nürnberg. „Über 50 Prozent der Festival-Gäste kommen nicht aus Nürnberg, weit über 30 nicht aus Bayern, werden also übernachten und Zeit hier verbringen, die Stadt erkunden und anders kennenlernen – das gefällt mir!“ Gefallen, so ist der Padre sich ganz sicher, wird den Latinopartybesuchern auch das Line-Up. Zwar könne es durchaus sein, dass bei den gedroppten Namen nicht sofort die Klingel schellt, aber „ich bin mir sicher, dass die Songs bekannt sind.“ Allem voran die des Headliners und Reggaeton-Sängers „Nicky Jam“, der „von der ersten bis zur letzten Minute nur Hits spielen wird, die jeder aus dem Radio kennt.“ Mindestens „Live it up“, den treibenden Gute-Laune-Song mit Will Smith und Era Istrefi, der Nicky Jam zur Fußball-WM 2018 an die Chartspitzen katapultierte. So international und durchaus mit Glamour-Faktor versehen – DJ Gian Varela reist nicht nur aus Panama an, sondern ist dort originär als Sohn des Präsidenten  Juan Carlos Varela bekannt – so facettenreich ist auch die Musik, die, so Klages, wenig zu tun hat mit weichgezeichneten Salsa-Fantasien, sondern „das Hauptthema Reggaeton ist.“ Nicht die radiogezähmte Variante, sondern die mit harten Beats und vulgären Texten. Zudem möge man bittesehr nichts vom Band erwarten: Los4 de Cuba ist „eine krasse, zehnköpfige Salsatruppe aus Kuba“, deren Elektrizität man sich, ist Klages sicher, schwerlich entziehen könne. Shooting-Star „Lirico en la Casa“ – das lateinamerikanische Pendant zum geläufigen „Rhymes in da house“ – kommt direkt aus der Dominikanischen Republik und hat neben Sunshine-Feeling vor allem „schnelle, aggressive Musik, die in die Beine geht“, dabei. 15 Acts stehen bereit – dass unsere Lokalmatadoren vom Fogon trotz zeppelingroßer Ushuaïa-Werbung auf Ibiza mit von der Partie sind, versteht sich wohl von selbst. „Wenn ich mir überlege, wie irre laut und energetisch die Premiere 2018 schon war – wie wird das erst 2019 sein, mit dreimal so viele Leuten?“ Ob der Flugbetrieb eingestellt werden muss? Wir werden sehen. Oder anders: Wer hören will, wird fühlen. 

„Latin Airport Festival 2019“, 20. Juli, 13-23 Uhr, Airport Nürnberg, Tickets (Oneway) ab 39,25 Euro (zzgl. Gebühren), latin-airport-festival.com/