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Auf den Hund gekommen? So geht Barf

Hunde und Katzen sind für viele Menschen weit mehr als „nur“ ein Haustier. Sie sind Familienmitglied, Kinderersatz, bester Freund. Für viele ist darum auch nichts zu teuer, wenn es um das Wohl des geliebten Vierbeiners geht. Deckchen aus Kaschmir oder mit edlen Steinen besetzte Halsbänder gehören im so breitgefächerten wie verwunderlichen Angebot der Luxuszubehöre noch zu den weniger spektakulären Accessoires. Der Ansatz, den Kathrin Wörner in ihrem Laden „KostBarf“ verfolgt, ist hingegen ein ganz anderer, um fürs Tiereswohl zu sorgen.

„Bestes Futter für beste Freunde“ lautet das Motto in dem kleinen Mögeldorfer Geschäft, das die 32-Jährige seit gut einem halben Jahr betreibt. Mitnichten ein Pilotprojekt, wie man meinen könnte, eröffnete die Biologin doch bereits 2016 in ihrem alten Wohnort Würzburg den ersten KostBarf-Laden. Wer sich gut auskennt, identifiziert die Philosophie bereits am Namen. Nicht „bellen“, wie ein flüchtiger Blick meinen könnte (engl. „to bark“) steht hier im Mittelpunkt, sondern eine Haltung: „Biologisch Artgerechtes Rohes Futter“ oder „Biologically appropriate raw food“, wie der australische Tierarzt Ian Billinghurst schon vor über 25 Jahren diejenige Fütterungsweise etablierte, die er für die einzig angemessene hielt: weg vom denaturierten Fertigfutter, zurück zum Ursprung. Heißt in diesem Fall: Wolf. „Barfen ist eine Fütterungsweise, die sich stark an die Ernährung des Wolfes anlehnt“, erklärt Kathrin Wörner, die nach dem Biologiestudium an der Schweizer Akademie für Tiernaturheilberufe zur Ernährungsberaterin für Hunde und Katzen ausbilden ließ. Das wilde Tier fräße nur bestimmte Teile der Beute, um daraus instinktiv die optimale Ernährung zu erreichen, zähle außerdem nicht wie die Katzen zu den „Carnivoren“, also den reinen Fleischfressern, sondern zu den „Omnivoren“ (omnis = lat. Alles). Ein Umstand, den Dr. Wilfried Vahjen vom Berliner Institut für Tiernahrung sogleich ins Feld führt: „Ein Hund ist kein Wolf mehr“, sagt der Biologe. „Im Laufe der Evolution und vor allem der Domestizierung durch den Menschen hat er sich von diesem getrennt und eine wesentlich bessere Stärkeverdauung entwickelt.“ Barfen, so der Biologe, können man durchaus. Man müsse sich nur vergleichsweise viel Zeit nehmen. Denn wie auch beim Menschen geht es schnell, im Supermarkt ins Regal für Fertigprodukte zu greifen und das Gericht eilig zu verzehren. Wer ein bisschen mehr will, muss sich gegebenenfalls informieren. In der Literatur, im Internet – oder bei Kathrin Wörner. Die hält in ihrem Laden so ziemlich alles an frischem Fleisch vor, was das Hunde- und Katzenhalterherz begehrt: Rindergulasch oder -lefzchen, Pute, Pferd und Schaf, Blättermagen, Pansen und sonstige Innereien, Kaninchenkarkasse, Rehhälse, Schafrippen oder Seefischmix – dazu verschiedenste Mischungen von Obst und Gemüse. Daraus mische man das Tiermenü so, wie es schmeckt. Und muss aber ergänzen: Vitamine, Lebertran, Laurinsäure – „Pedigree und Co. haben die Supplemente bereits zugesetzt, um ein ausgewogenes Verhältnis von beispielsweise Spurenelementen zu gewährleisten“, so Dr. Wilfried Vahjen. Bekommt ein junger Hund zu wenig Jod oder Calcium, kommt es zu Ausfallserscheinungen. Barfen ist möglich, macht aber „eine individuelle Beobachtung des Tieres erforderlich.“ Verändert sich der Kot, das Fell, Bewegungsmotivation, Psyche? „Wir sind Ernährungsberater und helfen kranken Tieren, das ist unsere Hauptarbeit“, sagt Kathrin Wörner und berichtet von Katzen- und Hundebesitzern, die von erglückten, aufblühenden Tieren berichten – kein Wunder einerseits, meint Dr. Vahjen, sei doch „der psychologische Effekt nicht zu unterschätzen: Der Halter suggeriert dem Tier, dass es tolles Futter bekommt.“ Doch nicht nur der Mensch ist, was er isst, sondern das Tier auch. Zwar sei nicht automatisch auf minderwertige Qualität im Dosenfutter, das einfach auf gängigen Schlachtabfällen basiere, zu schließen, doch auch auf dem Fleischmarkt für die Herrchen gibt es große Unterschiede. Glückliches Bio-Kobe im Discounter? Eher nicht. „Wir sind eine Generation, die sich über so etwas Gedanken macht“, sagt Kathrin Wörner, die sehr wohl um Vorwürfe wie „unsere Kinder hungern und ihr füttert eure Katzen mit teuerstem Fisch“ weiß – und sie auch versteht. „Ich füttere meine Hunde gut, verzichte dafür aber selbst weitestgehend auf Fleisch, damit es sich die Waage hält.“ Es gilt hier wie so oft, sich mit ethischen Fragen auseinanderzusetzen. Und mit denen des Geldes und der Zeit, wovon es fürs Barfen mehr braucht. Belohnt wird es aber mit Fleisch aus artgerechter Haltung, kurzen, nachvollziehbaren Wegen, schlachtfrischer Lieferung direkt vom Metzger, der „KostBarf“ nicht nur mit den herkömmlichen Produkten wie für den menschlichen Verzehr einwandfrei geeignetes Gulasch liefert, sondern auch die „Abfälle“ wie Lammpansen, Pferdesotten oder Kalbsohren. Die landeten sonst auf dem Müll, erfüllen hier als Zahn- oder Magenreiniger aber einen letzten Zweck. Und Allergene oder hochschädlicher Zucker garantiert ausgeschlossen. „Barfen kann richtig sein“, betont Dr. Wilfried Vahjen, und „wenn der Halter glücklich ist, ist es das Tier auch.“  Sich zu informieren über die Herkunft nicht nur von Nahrung für Menschen, sondern auch für die vierbeinigen Mitbewohner, wissen, unter welchen Umständen etwas hergestellt wird, wo etwas herkommt, Produkte anfassen und erfahren, den direkten Austausch mit der Fachfrau – immer mehr Menschen sehnen sich zurück nach dieser gewissermaßen ursprünglichen Form des Konsums. Wenn der sich dann auch noch in verschiedene Seiten positiv auswirkt? Das ist nicht ganz günstig. Sogenannte „Komplettmenüs“ gibt es bei „KostBarf“ ab 2,49 Euro (Pansenmix) bis 5,90 Euro (Pferdemenü) je 500 Gramm, das Kilo Hirschgulasch für 7,90 Euro, das Pfund Forelle oder Lamm-Innereien für 4,90 Euro, Gemüsemischungen ab 2,29 Euro (250g), 500 Gramm Hähnchenflügel Kaninchenkarkasse für 2,90 Euro. Wer ausnahmsweise nicht (tief-)kühlen kann oder in den Urlaub fahren muss, findet neben Snacks, Rinderhäuten und allerlei Kauzeug auch erlesene Fertiggerichte. Da kommt ein herkömmliches Produkt sogenannter Premium-Linien im Konservensegment mit 2 bis 3 Euro deutlich günstiger, im Discounter geht es ab 1 Euro das Kilo Nassfutter. „Ja, barfen ist teurer als Dosenfutter“, sagt Kathrin Wörner. „Aber auf lange Sicht spart man dafür an Tierarztkosten. Das ist eine gewagte These – aber ich stehe dazu.“

 

kostbarf-nuernberg.de/

 

 

Kathrin Wörners Tipps zur richtigen Ernährung von Hund und Katze:
- Stets auf Qualität, Herkunft und Frische der verwendeten Produkte achten!
- Verzichten Sie auf Produkte, welche Zucker, viele Konservierungsstoffe, Geschmacksverstärker etc. enthalten!
- Achten Sie auf eine ausreichende Energieversorgung sowie einen abwechslungsreichen Speiseplan!
- Ihr Tier sollte agil sein, glänzendes Fell und eine geregelte Verdauung haben und vor allem mit Freude fressen!