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Apostile

Die Partykolumne - Waldmeister!

Gut. Hätten wir das also auch wieder überstanden. Mein Puls hat sich dank eigenmächtig verdreifachter Dosis der Blutdrucktabletten wieder normalisiert. Nach dem kollektiven Dornröschenschlaf am Montag erklingen tatsächlich hier und da noch vereinzelt Hupkonzerte, bei denen man sich aber weitgehend sicher sein kann, dass es sich entweder um einen zu belärmenden Bund der Ehe handelt oder einen allerletzten Fan, der völlig entkräftet über dem Lenkrad zusammengebrochen ist. Und dank (gähn…) „Gauchogate“ fällt der Übergang vom Ausnahme(Freude!)- in den Normalzustand (Maulen!) bestimmt ganz leicht. Nur, normal – wie ging das gleich wieder? 

Wir erinnern uns: Es ist durchaus gängig, zum Abendessen einen knackigen Salat oder sonstige Mahlzeiten selbst zuzubereiten, anstatt „vor dem Spiel noch schnell eine Bratwurstsemmel“ zu dinieren. Es ist üblich, sich im Gespräch mit Freunden nach deren Befinden zu erkunden, mögliche Treffen in gemütlichem Ambiente anzuberaumen und sich darauf zu freuen, anstatt einzig und allein die Frage „Wo schaustn du heut Abend?“ zu stellen. Es ist völlig akzeptabel, an einem Montagabend gegen 23 Uhr auf der Couch oder gar im Bett zu liegen und irgendwas, völlig egal was, zu machen, anstatt im Friesennerz im Biergarten zu sitzen und sich schlotternd das siebte Bier einzuschenken, weil „sonst hält man das ja alles nicht mehr aus.“ Man gewöhne sich wieder daran, dass diejenigen Männer, die man vornehmlich in der Öffentlichkeit sieht, einen (akzeptabel) durchschnittlichen Körperbau haben und nicht den hochtrainierter Athleten (erst recht nicht den gewisser Algerier) und die (meisten) Frauen Fußball für ein ungebührliches Gesprächsthema halten. 

Wer sich über irgendetwas aufregen möchte, der tue das ab sofort gerne wieder über Politik, das Wetter oder „den Deppen auf der Mittelspur“ statt über den unfähigen Schiri der dritten Begegnung. A propos Wetter: Vielleicht hält’s noch ein bisschen vor, aber über kurz oder lang werden als Themen für den Smalltalk statt der von bekoksten Künstlern designten Kickerschuhe wieder die wichtigen Dinge des Lebens herhalten müssen. Wetter, zum Beispiel. Barkeeper, denen ein sprühendes „Waldmeister!“ ins Gesicht getrötet wird, dürfen getrost ein solchhaltiges Getränk zubereiten, statt sich nur mit undeutlich artikuliertem Jubel konfrontiert zu sehen glauben. Abende müssen ab sofort wieder aktiv gestaltet werden. Das bedeutet jedoch im Umkehrschluss, dass nicht mehr als irgendwie sozial vernarbt gilt, wer einen Abend einfach mal allein daheim zu verbringen beschließt. 

Um diesbezüglich aber um auch ja jeden Verdacht erhaben zu sein – schnell ab mit euch: „Zirkus Beretton“ (Stereo, Klaragasse), „Abschlussfeier der Designabsolventen“ (Opera, Ostermayerpassage), „Walk of Fame“ (Gojia, Bahnhofsstraße), „Viva las Vegas“ (Mach1, Kaiserstraße), „Tonkonzum“ (KKK, Königstraße), „Society 3.0“ (Mitte, Hallplatz). Am Samstag tauchen alle die erhitzen Schädel in jede Pfütze, die so herumliegt, um abends fröhlich weiterzumachen: „Unspoken Words Festival“ (Desi, Brückenstraße), „Elektrisch & Why so serious Sommerfest“ (Hirsch & Rakete, Vogelweiherstraße), „Re-Opening“ (360°, Adlerstraße), „Ü30“ (Terminal, Flughafenstraße), „Buckshot“ (Stereo), „Sommerfest“ (Indabahn, Bahnhofsplatz) … gemeinsam mit unzähligen Tagsüberdraußenfeiereien („Nasty“ im Gärtla oder „Vintage Pool Party“ im Stadionbad, z.B.) alles sehr, sehr sommerlich. Um nicht zu sagen: perfekt! Vielleicht wird’s ja doch nur halb so wild mit der Post-WM-Depression …