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Im Chaos des Wirrwarrs der Gefühle

Als Hasan Balkaya sich damit einverstanden erklärte, sich von seiner Tochter eine Ausstellung seiner Bilder schenken zu lassen, kann man nur mutmaßen, in welchen Größenkategorien er dachte. Irgendwas Kleines, unauffälliges muss ihm vorgeschwebt haben. Doch da hat er die Rechnung ohne Hatice Balkaya gemacht. Die kennt ja nicht umsonst die halbe Nürnberger Künstlerszene. Habemus Großausstellung! Mehrtägig, Rahmenprogramm, das ganze Pipapo.


Private Veränderungen waren es, die Hatice Balkayan den Wunsch erweckten, ihrem Papa, einem Maschinenbauingenieur mit bewegtem Lebenslauf zwischen Türkei und Deutschland, zwischen Lehrerberuf und Journalismus, zu ermöglichen, einmal sein ganzes Oevre zeigen zu dürfen. Immer schon malt Hasan Balkaya, erzählt die Tochter, die selbst grade alle Hände voll damit zu tun hat, ihren Master in Politik und Öffentlichem Recht zu machen, um pünktlich im Januar ihren Platz an der American Academy of Dramatic Arts in New York anzutreten. Immer schon verarbeitet er sein Leben, seine Geschichte, in Bildern, die Ausschnitte erzählen, „seit der Rente malt er immer mehr“, erzählt Hatice Balkayan. Abstrakt, mit Tusche, Stadtansichten und solche, die Erinnerungen an die Heimat zeigen. Und Versuche, „das Chaos im Kopf auf die Bilder zu bringen“. Eine sichtbare Entwicklung, die der Autodidakt durchlaufen habe, meint auch Alexander Racz, Kunsthistoriker, Betreiber der Webseite kunstnuernberg.de und von Hatice Balkayan um Expertenhilfe gebeten. Hasan Balkayan, sagt Racz, male „fein skizzierte, fragile Figuren, bewegte Figuren, die leicht auf der Leinwand schweben.“ Und, dass es in Nürnberg wenig Räume für „Kunstevents mit Außenbereich“ gebe, das meint Racz auch, der Hatice Balkayan bei der Suche nach einem geeigneten Ort geholfen hatte. Fündig wurde man in und mit Peter Preis‘ „Galerie 76“ auf AEG. Und in zahlreichen Mitstreitern. „Erst“, erzählt Hatice Balkayan, „wollte ich ja nur die Bilder ausstellen. Dann hat sich das irgendwie verselbstständigt“, lacht sie und findet, dass deswegen der Titel doch gar nicht so absurd wäre: „Im Chaos des Wirrwarrs der Gefühle“ heißt die Ausstellung, die am 15. und 16. Juli stattfindet und „Künstler aus verschiedenen Kunstrichtungen verbindet und zusammenfließen lässt.“ Vor allem am Samstag. Da wäre die „interaktive Performance“ der Stevenson-Schülerin Julia Liedel der Bildhauerklasse der Akademie der Bildenden Künste. Da wäre mit „Protokoll B“ eine Truppe Berliner Profischauspieler, die ihre Theaterperfomance „Braun“ zeigen, die sich mit dem Thema „Sprachfindung“ beschäftigt. Da wäre die „7 piece girl band“ Vivian Void mit einem Konzert analog und der Programmpunkt „Polizei“, der nicht etwa ein Eintreffen der Ordnungshüter ankündigt, sondern eine weitere AdBK-Musikformation, diesmal digital und „etwas experimentell.“ Und Party, DJs ab 22 Uhr. Flankiert wird die Angelegenheit standesgemäß von türkischen Delikatessen und allerlei Spezereien – im Zentrum aber soll immer noch einer stehen: Hasan Balkayan, der Papa, der selbstverständlich anwesend, obgleich „völlig überfordert ist, weil die Tochter so ein Riesending auf die Beine stellt“, lacht die Übeltäterin und freut sich auf das Werk des Vaters, ausgesuchte Stücke aus den letzten 20 Jahren und betont, dass bei all dem künstlerisch-gestandenen Rahmenprogramm „nur einer eine Plattform bekommt: mein Papa.“


Ausstellung „Im Chaos des Wirrwarrs der Gefühle“, 15.7. (ab 13 Uhr) & 16.7. (14-17 Uhr), Galerie 76, Muggenhofer Straße 132 / auf AEG, Eintritt frei; Infos & Programm: Facebook-Suche „Im Chaos des Wirrwarrs der Gefühle“