1 subscription and 4 subscribers
Apostile

Die Partykolumne - Regenbogendusche

Letzthin im Drogeriefachmarkt. Ich stolz, zumindest ein bisschen, denn nachdem ich mir wochenlang habe Auskunft erteilen lassen über den Lieferstatus eines bestimmten Artikels, hab ich das Exemplar endlich in Händen halten können. Zuvor war selbiges Produkt in der Sekunde der Anlieferung bereits vergriffen, unter vier rollenden Augen verriet das Personal, es habe sich gar nicht erst die Mühe des Regaleinräumens gemacht. Objekt der Begierde ist ein Duschgel zum Preis von 55 Cent. Verrückt? Ja. Und nicht weniger, wenn man weiß, dass es sich hierbei um die „Regenbogen Dusche“ handelt, die nach „Sternchen und Wölkchen“ duftet und verwirrte Anwärterinnen des Frauseins ausrasten lässt wie seinerzeit Take That. Grund hierfür ist ein aufgedrucktes pummliges, weißes Pony mit einem Stachel auf der Stirn. Mit größter Faszination beobachte ich das fragwürdige Interesse an dem Fabelwesen, das als „letztes Einhorn“ auch mich vor Wonne hat schauern lassen, allerdings halt so im Alter bis ungefähr zehn. Als das Duschgel ausverkauft war, erblödeten sich die Marktetingmenschen , Einhornaufkleber zur Selbstverzur anzubieten – für 1,99 das Stück, was einen nicht weiter wundert, weiß man doch, dass auch Schokolade im Einhorngewand derzeit zum 17fachen Preis gehandelt wird. Was mich ratlos zurücklässt, ist das Alter der Jüngerinnen. Während ich ab allerspätestens 14 einen Gegenstand, der auch nur im vagen Verdacht des Mädchenseins stand, mit der Wimpernzange nicht angefasst hätte, und erst im spätadoleszenten Stadium den gllitzerpinken Mädchentraum aufholte, sind es grade die Heranwachsendinnen, die völlig aus dem Häuschen sind, und das bar jeglicher Ironie. Das Pubertier beispielsweise schleppt wohin auch immer es geht glubschäugige Plüschausgaben dieses seit der Antike bemühten einst so würdevollen Wesens mit sich herum. Es gibt diese Objekte, die den Kampf gegen das so viel lässigere Longboard verloren haben, in verschiedener Größe, das mächtigste misst grob geschätzt einen halben Meter und wiegt vermutlich ein Zentner, hat aber einen Platz im schmalen Kinderbett des Pubertiers gewiss. „Warum heißt‘n die eigentlich ‚Pizza‘?“, wollt ich unlängst wissen, worauf man mich zurechtwies: „Ey, das is’n ER!“ Wie Schuppen fiel’s mir von den Augen. „Deine Tochter liegt mit Männern im Bett“, beschied ich dem Erzeuger und zeigte weise auf die goldglänzende Erektion, die auf rosa Plüsch unter der Decke hervorlinste. So also, hab ich mir überlegt, muss es sein. Das Einhorn mit seinem hochaufgerichteten Phallus auf der Stirne als Stellvertretermann, als Symbol der erblühenden Libido in einer Zeit, in der der Körper schon kribbelt, Jungs und Pimmel aber noch eklig sind. Wir lehnen uns entspannt zurück und betrachten das, naja, Treiben – wohl wissend, dass den Markt neue Kondome erblickt haben: vegan, stylish und weithin zu lesen mit „Einhorn“ gebrandet. Bitte auch benutzen! Nach: „Sanft & Sorgfältig“ (Stereo, Klaragasse), „Freitagstanzvergnügen“ (Mitte, Hallplatz), „N-Dorphin!“ (KK, Königstraße), „Black Beatz“ (Indabahn_hof), „Fat Friday“ (Mach, Kaiserstraße) und am Samstag „Saturday Night Eisdisco“ (Arena, Dutzendteich), „Maximum Rock Night“ (Hirsch, Vogelweiherstraße), „Rigorös“ (Rakete, ebd.), „Don’t Rock That Boat“ (Mississippi Queen, Hafen), „Don’t Speak“ (Matrixx, Klingenhof), „Die Macht der Nacht 2.0“ (Cult, Dooser Straße), „Take Off 90s & More“ (T90, Flughafen). Gute Gelegenheit dieses Wochenende übrigens, sich eines der unzählig umherschwirrenden Spielwarenmessegäste anzunehmen und neueste Informationen vom Einhornsegment zu erhalten. Rein platonisch, versteht sich.