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Popkultur trifft Handicap: Hier gibt's keine Berührungsängste

Mit 1,48 Meter Körpergröße ist BayBJane die kleinste Dragqueen der Welt - und ein wandelndes Kunstobjekt. Sie ist beim großen Festival-Abschlussfest im Z-Bau in der Frankenstraße mit dabei. © PR

"Popkultur trifft Handicap" in Nürnberg, Fürth und Erlangen - 06.12.2016 18:41 Uhr

NÜRNBERG - „Pop! Für alle" lautet das allgemeine Motto von „Pop! Rot Weiß", der Initiative des Bezirks Mittelfranken zur Förderung der lokalen Popmusikszene. Nur logisch, dass man jetzt das „Popkultur trifft Handicap"-Festival auf die Beine stellt, das vom 9. bis 14. Januar städteübergreifend in Nürnberg, Fürth und Erlangen mit einem breit gefächerten Programm aufwartet.


Dass Pop für alle leider nicht stattfinden kann, wissen manche nur zu gut. In der Disko abfeiern, auf Konzerte gehen, mit Freunden um die Häuser ziehen - das ist für Menschen mit Behinderung alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Um auf die damit einhergehende Ausgrenzung vom kulturellen Leben aufmerksam zu machen und durch Workshops und Diskussionen einen nachhaltigen Erfahrungsprozess in der gesamten mittelfränkischen Kulturszene anzustoßen, hat „Pop! Rot Weiß" eine kunterbunte, lehrreiche, fröhliche und nicht zuletzt musikalische Festivalwoche ins Leben gerufen: das „Popkultur trifft Handicap"-Festival. Das soll, betont Andreas Jäger, Populärmusikbeauftragter des Bezirks Mittelfranken, zwar sensibel Austausch und gegenseitige Öffnung herstellen, doch in erster Linie ein Konzertfestival ohne Berührungsängste für alle Musikbegeisterten sein.

Der mittelfränkische Bezirkstagspräsident Richard Bartsch setzt große Hoffnungen in die Aktion, sie solle ein „Eisbrecher für Mittelfranken" sein. Denn „Barriere" kann so viel bedeuten: Entsprechende Zugangsmöglichkeiten oder sanitäre Anlagen für Rollstuhlfahrer, die Gestaltung und Handhabe von Kommunikationsmitteln wie Webseiten oder Flyern, bei denen beispielsweise darauf zu achten ist, dass Schrift groß und Sprache einfach gehalten ist. Oder die Verfügbarkeit von Hilfen, die einen Kinobesuch für jedermann und -frau ermöglichen.

So sind Beschaffung und Handhabe solcher Hilfen Teil des breiten Programms der Festivalwoche, bei der es haufenweise zu lernen und erleben gibt. Und zwar bei 15 Veranstaltungen zwischen Konzert, Workshop und Podiumsdiskussion, die im Erlanger E-Werk, dem Fürther Con-Action und in Nürnberg in Z-Bau und in der Kulturwerkstatt „Auf AEG" stattfinden.


Die Musikgruppe „Blind & Lame", deren Name schon so viel verrät, gibt eine Jamsession und erzählt aus ihrem Alltag als Band mit Handicap. Die blinden Speed-Skater des 1. FCN Roll- und Eissport e. V. machen alle fit für die Rollerdisko. Lena Dobler, Aushängeschild der mittelfränkischen Musikszene, lässt ein komplettes Konzert von Laura Schwengber, Deutschlands bekanntester Musik-Gebärdendolmetscherin, übersetzen. „Wie barrierefrei ist unsere Kulturlandschaft?" wollen Kulturschaffende und -konsumenten mit und ohne Behinderung in einer Podiumsdiskussion erörtern. „Jeder kann tanzen!" weiß Tanzlehrer Rob Lawray und macht im Workshop Musik und Bewegung für Gehörlose, Hörgeschädigte und Hörende erfahrbar. Und so geht es munter weiter.

Am Ende der Woche steht der krönende Abschluss in Form eines kunterbunten Musikfestivals: Sieben Bands und Künstler treten im Z-Bau auf die Bühne und machen, was sie am besten können. Inklusive Bands (Stereomat), blinde (Vokuz) und gehörlose (Deaf Kat Night) Rapper und die weltkleinste Dragqueen BayBJane geben sich die Ehre, der bayerische Spitzenrapper Fatoni ist auch dabei. Sie alle werden von Gebärdendolmetscherin Laura Schwengber komplett übersetzt und die Zuschauer vom „asymmetrischen Comedian" Martin Fromme schwarzhumorig durch den Abend geführt.

„Popkultur trifft Handicap Festival", 9.-14. Januar 2017 in Nürnberg, Fürth und Erlangen; Anmeldungen unter inklusion@pop-rot-weiss.de, weitere Infos unter www.pop-rot-weiss.de/festival; Tickets für Lena Dobler & das Abschlussfestival an allen bekannten Vorverkaufsstellen

Katharina Wasmeier

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