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Rechte unter sich

Der Schriftsteller Uwe Tellkamp hat die Schirmherrschaft über eine Veranstaltungsreihe namens »70 Jahre DDR« übernommen, die vom 27. Mai bis 9. November im Dresdner Buchhaus Loschwitz stattfinden wird. Tellkamp steht seit Längerem in der Kritik, weil er vor »illegaler Masseneinwanderung« nach Deutschland warnte. Auch die Ladenbesitzerin Susanne Dagen, musste sich in den letzten Jahren mit dem Vorwurf auseinandersetzten, rechte Parolen salonfähig zu machen.

Schon 2016 erschien im »Spiegel« ein Text über Dagen, in dem sie als Pegida-Sympathisantin bezeichnet wurde. Seither hat die Frau, die mal als Dresdens beste Buchhändlerin bekannt war, an Kundschaft verloren. Gleichzeitig ist die Buchhandlung zu einem Anlaufpunkt für Anhänger*innen der AfD geworden. Dagen war zudem Mitglied des Kuratoriums der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung.


Auf Anfrage des »nd« erklärt Dagen, dass sie die Veranstaltungsreihe mit Tellkamp zusammen erarbeitet habe. Dieser werde nur die Auftaktveranstaltung und eine Veranstaltung mit Vera Lengsfeld im Oktober moderieren. Die anderen vier Veranstaltungen werde sie selbst leiten. Die frühere DDR-Bürgerrechtlerin Lengsfeld war bis Mitte der 90er Jahre bei den Grünen aktiv, ihre weitere Karriere führte sie immer tiefer ins rechte Lager. Zudem ist sie Initiatorin der »Erklärung 2018«, die vor einem Jahr veröffentlicht wurde. Darin warnten die Autor*innen vor einer vermeintlichen Masseneinwanderung in das deutsche Sozialsystem.

Die Auftaktveranstaltung mit Tellkamp und Arnold Vaatz am 27. Mai ist bereits ausverkauft. Vaatz ist einer der stellvertretenden Vorsitzenden der Bundestagsfraktion der CDU/CSU. Der Dresdner Abgeordnete machte zuletzt auf sich aufmerksam, als er den CDU-Berater Werner Patzelt und dessen Engagement für die AfD verteidigte. Die TU Dresden hatte Ende Januar entschieden, dass Patzelt keine Seniorprofessur erhalten wird. Vaatz schrieb kurz darauf auf dem rechten Blog »Achse des Guten«, der Fall Patzelt sei die »Geschichte einer Säuberung«.

Auch die weiteren Gäste der Veranstaltungsreihe sind dem rechten Lager zuzuordnen. Eingeladen ist auch Michael Klonovsky. Der persönliche Referent des AfD-Vorsitzenden Alexander Gauland hatte 2015 im »Focus« behauptet, dass Deutschland »eine Art moderate DDR« drohe, weil »unerwünschte Ansichten« stigmatisiert würden.


Tellkamp hat in seinem Roman »Der Turm« (2008) die letzten Jahre der DDR von 1982 bis 1989 im bürgerlichen Dresdner Milieu aufgearbeitet. Dafür erhielt er unter anderem den Deutschen Buchpreis. In einem Streitgespräch mit Durs Grünbein im März 2018 meinte Tellkamp, der aktuelle mediale »Gesinnungskorridor« erinnere an die DDR. Für diese und weitere Aussagen wurde er stark kritisiert, auch sein Verlag - Suhrkamp - distanzierte sich.

Das Problem der Veranstaltungsreihe »70 Jahre DDR« in Dresden liegt damit auf der Hand: Es geht nicht mehr darum, ob man mit Rechten reden sollte oder nicht, wie es oft diskutiert wird. Sie reden bereits nur noch unter sich. In Räumen, die von weiten Teilen des Kulturbürgertums Dresdens nicht mehr aufgesucht werden, können sie ungestört an ihrer eigenen Geschichtsschreibung arbeiten.


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