Wir haben die wichtigsten Punkte zusammengefasst, die sich in der Tattooszene ändern müssen.
Maori-Muster, Traumfänger, Federschmuck: Kulturelle AneignungEigentlich kannst du dir tätowieren lassen, was du willst - Arschgeweih, dicke Träne unters Auge, trashy Bauchtattoo oder Sleeve, dein Körper, deine Entscheidung. Eigentlich. Denn einige Motive sollte man tunlichst nicht als reine Körperzierde missbrauchen - etwa Symbole, die für Menschen aus anderen Kulturkreisen als deinem eigenen heilig oder auf andere Weise bedeutungsgeladen sind. Bestes Beispiel: Weißbrote, die sich Maori-Symbole auf den Bizeps stechen lassen, weil das so schön "exotisch" aussieht, aber nicht verstehen wollen, dass diese Muster in der Maori-Kultur ganz bestimmte Status- und Zugehörigkeitscodes ausdrücken. Weiße Hippies, die traditionelle Berbertätowierungen als spirituelles Awakening-Gimmick missverstehen. Oder Menschen, die Native Americans und First Nations immer noch "Indianer" nennen, aber die Dreistigkeit besitzen, sich eine halb nackte Frau mit üppigem Federschmuck tätowieren zu lassen, weil Pocahontas früher ihr Lieblingsfilm war. Wer Religion, Glaube und kulturelles Erbe marginalisierter Gruppen als bloßes Accessoire benutzt, macht sich der kulturellen Aneignung schuldig - wofür es 2020 keine Entschuldigung mehr gibt.
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Vorsicht vor Zahlen, Runen und anderen Hass-SymbolenOkay, den Punkt der kulturellen Aneignung hätten wir geklärt - aber wie sieht es mit Zahlen aus? Damit kann man doch sicher nichts falsch machen? Leider doch, denn viele Ziffern werden heute leider rund um die Welt als Zahlencodes von Nazis und Rassist*innen genutzt, etwa die 14 und die 18. Und du willst sicher nicht, dass dir plötzlich jemand einen solidarischen Hitlergruß zeigt, nur weil du dir deine Lieblingszahl hast tätowieren lassen ... Wie findest du also heraus, ob dein Wunschmotiv vielleicht auch die Lieblingszahl von Menschen ist, mit denen du ganz sicher nichts gemeinsam haben willst? Es gibt zum Beispiel eine " Hate Symbol Database" von ADL, die viele, hauptsächlich antisemitische, Hasssymbole auflistet und beschreibt, was genau sie meinen. Oft hilft es aber auch einfach schon, das Symbol, das du dir tätowieren lassen möchtest, zu googeln - vor allem wenn es sich um Ziffern, Runen oder Kreuze handelt. Übrigens: Seit 2019 gilt auch das "OK"-Symbol (Daumen und Zeigefinger bilden einen Kreis, die anderen Finger sind abgespreizt) als Hass-Symbol - weil es von Rechten gerne als heimliches "White Power"-Zeichen eingesetzt wird.
Zu wenig Inklusion und RepräsentationIst euch schon mal was aufgefallen, als ihr auf Instagram durch reihenweise Tattoo-Inspo gescrollt seid? Nein? Dann schaut euch mal die vorherrschende Hautfarbe an: Auf den allermeisten Tattoo-Profilen werden ausschließlich Tätowierungen geteilt, die auf weißer Haut gestochen wurden. Gerne wird das damit begründet, dass man so ja "den Kontrast" einfach besser sehen könnte - wenn es überhaupt mal begründet wird.
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Selbst Promi-Tätowierer*innen, wie der New Yorker Bang Bang, sind deshalb schon in die Kritik geraten: Denn wenn prinzipiell nur Fotos von Weißen geteilt werden oder Fotos so bearbeit werden, dass die Hautfarbe von BiPoCs plötzlich nicht mehr der Realität entspricht, ist das einfach nur problematisch. Repräsentation ist, wie wir wissen, unfassbar wichtig - umso dringlicher ist es, dass für mehr Sichtbarkeit marginalisierter Gruppen gekämpft wird. Immerhin tragen wir alle Tattoos - wird Zeit, dass man das auch sieht.
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Noch ein Problem, das durch die schon erwähnte Unterrepräsentation zustande kommt, ist, dass es für BiPoCs so natürlich auch viel schwieriger ist, Künstler*innen zu finden, die wirklich imstande sind, alle Hautfarben zu tätowieren - und das gerne machen. Wenn schon online nicht erkennbar ist, ob es sich bei dem Tattoo-Artist nur um jemand handelt, der beim Hochladen seiner Bilder einfach noch nie nachgedacht hat, für ein bisschen mehr Diversität in seinem Portfolio zu sorgen - oder jemand, der wirklich rassistische Tendenzen hat, ist das ein unnötiger Stress- und Risikofaktor. Dabei ist es mittlerweile doch so einfach, in seinem Profil einen kleinen Disclaimer zu schreiben, der jede*n willkommen heißt.
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