Wer wird einmal den Hof übernehmen? An dieser Frage zerbrechen viele Bauernfamilien. Dabei gibt es mehrere Stellen, die Hilfe anbieten.
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Juliane Fischer & Katharina Kropshofer
Gottfried Mühlbacher streckt seine Arme vom Körper weg und hebt sein Handy gegen den Himmel. Seine Augen wechseln zwischen dem Blau über ihm und seinem grauen Bildschirm : › Ich bräuchte einen helleren Hintergrund ‹, sagt er. Nur so könne er den Steinadler fotografieren, der wieder einmal vor seinem Bauernhof die Runden zieht. Hier, in den Hügeln über der kleinen steirischen Gemeinde Deutschfeistritz, ist der Greifvogel kein seltener Gast. Mühlbacher beschreibt sich selbst als guten Beobachter und hat viel Ausdauer - Eigenschaften, die man nicht nur für die Naturbeobachtung, sondern auch als Landwirt dringend brauche. Doch den meisten, sagt er, fehlen sie. Sein Leben lang hat der 67-Jährige den Boden, auf dem er heute steht, bewirtschaftet und den Hof weiterentwickelt - vom Murbodner Rind auf Fleckvieh umgestellt, den Hang planiert, den Milchviehbetrieb aufgebaut, in Direktvermarktung investiert. Er hat den Gewölbekeller zum Käsen und Buttermachen gebaut, Milchpreise verhandelt, Flächen dazugekauft, dafür Kredite aufgenommen und wortwörtlich eine Straße versetzt - ein klassisches Bauernleben. Mit seinem Schulbusunternehmen, das er nebenbei geführt hat, ist er schon längst in Pension. Aber für den Hof hat er bisher keinen Nachfolger.
Noch im letzten Jahrhundert waren vier Generationen unter einem Dach keine Seltenheit. Üblich war : Eines der Kinder, meist der älteste Sohn, übernahm die Geschicke. Ganz selbstverständlich ist das schon lange nicht mehr. EU-weit wird alle 25 Minuten ein Bauernhof geschlossen. Während es 1970 noch 368.000 land- und forstwirtschaftliche Betriebe in Österreich gab, waren es 2016 nur noch 162.000. Eine Folge des Strukturwandels und wachsender Betriebe. Doch dahinter steht auch eine andere Frage : Wollen und können immer weniger Menschen in die elterlichen Fußstapfen treten und den Hof übernehmen ? Und was löst diese Frage in Bauernfamilien aus ?
Im Zyklus eines landwirtschaftlichen Betriebs ist die Hofübergabe etwas sehr Entscheidendes, weiß Markus Schermer, Soziologe an der Universität Innsbruck. Er forscht seit 20 Jahren zu Themen rund um das bäuerliche Leben - von Regionalentwicklung bis hin zur sich wandelnden Stellung von Bäuerinnen und Bauern in der Gesellschaft. › Die meisten Bauern und Bäuerinnen sehen den Familienbetrieb weiterhin im Zentrum und als etwas, das innerhalb der Familie weitergegeben werden muss‹, sagt er. › Heute ist es aber nicht mehr so, dass der oder die Nachfolgende keine Alternativen hätte.‹ Das führt zu einem Problem : 28 Prozent der Betriebsleiter über 50 haben keine Nachfolger, zeigt eine Studie aus dem Jahr 2015, die die Landjugend in Auftrag gegeben hatte. In einer anderen Umfrage des Marktforschungsinstituts Keyquest waren es sogar 47 Prozent. Durch fehlende Anerkennung, Überlastung und den ständig präsenten Preisverfall steht der Berufsstand unter Druck.