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Lemonade möchte mehr sein als eine 90 Sekunden Versicherung

Lemonade möchte mehr sein als ein Versicherungsanbieter. Wer das Unternehmen auf den Vertragsabschluss innerhalb von 90 Sekunden reduziert, verpasst den Kern den Unternehmens. Dieser Kern ist es jedoch, der es dem Unternehmen erlaubt, binnen von drei Jahren große Finanzierungsrunden bei Investoren anzustoßen und zugleich viele Teilnehmer aus dem Versicherungswesen zum Investment zu bewegen.


Lemonade über sich selbst


So erklärt Yael Wissner-Levy, Pressesprecherin bei Lemonade, auf Nachfrage, dass das Unternehmen auf drei Säulen basiere: "Lemonade ist ein Versicherungsunternehmen, dessen Basis künstliche Intelligenz, Verhaltensökonomie und Gemeinwohl bildet."


Dabei löst das amerikanische Unternehmen die Notwendigkeit eine Versicherung abzuschließen mithilfe von Technologien und einem neuartigen Geschftsmodell aus seinem negativ geprägten Kontext, so Wissner-Levy weiter. Kunden sollen mithilfe einer schnellen und einfachen Möglichkeit die Chance erhalten mit dem Abschluss eines Versicherungsvertrags aktiv etwas zum Gemeinwohl beizutragen.


Aus diesem Grund wählt jeder Kunde als Teil des Abschlusses einer Hausratversicherung den Zweck für den er spenden möchte. Überschüssige Prämien, die nicht für die Begleichung eines Schadens innerhalb des Versichertenkollektivs oder die Abdeckung tatsächlich angefallener Kosten benötigt werden. Die Ausschüttung an die jeweiligen 

Organisationen findet jedes Jahr im Juli statt.


Lemonade über eine neue Form der Risikosteuerung


Die Entscheidung darüber, welchen sozialen Zweck man unterstützen möchte, führt zur Bildung des Versichertenkollektivs, schreibt das Clayton Christensen Institut. So kann es durchaus passieren, dass ein sozialer Zweck aufgrund der Schadensquote im Jahr 1 weniger Geld erhält als ein anderer sozialer Zweck.


Diese neue Art der Risikobewertung basiert auf der Forschung zur Verhaltensökonomik. Dabei überwiegt der Wunsch danach, etwas Gutes zu tun, gegenüber Situationen aus denen ein Schaden an der versicherten Sache entstehen könnte, sodass ein sorgfältigerer Umgang statt findet. Soweit zumindest die Theorie.


Tatsächlich erläutert Daniel Schreiber, Gründer und CEO von Lemonade, im Interview mit der Wirtschaftswoche, dass die Schadenquote im vergangenen Jahr zwar von 87 Prozent halbiert werden konnte. Sie sei jedoch nach wie vor zu hoch. Und dass obwohl Lemonade selbst stark darauf bedacht ist, die Quote so gering als möglich zu halten.


Über die durchschnittliche Schadenquoten der klassischen Versicherer gibt es keine zentralen Angaben. Sie schwanken zwischen 40 und 80 Prozent. Die Wirtschaftswoche nennt AXA als Maßstab und gibt die Schadenquote mit etwas mehr als 62 Prozent an.


Die Realität sieht also anders aus, als sich Lemonade in seinem ursprünglichen Konzept überlegt hat. Nichtsdestotrotz hält das Unternehmen an seiner Kostenstruktur fest.


Yael Wissner-Levy sagt dazu: "Das Geschäftsmodell von Lemonade basiert darauf, den Interessenkonflikt zwischen Versicherern und ihren Kunden aufzulösen. Aus diesem Grund bilden mit künstlicher Intelligenz und Verhaltensökonomie zwei rationale Ansätze die Basis des Geschäftsmodells. Die Technologie hilft dem Versicherer dabei, Papierkram und Vermittler zu reduzieren, was Zeit, Ärger und Kosten spart. Verhaltensökonomie hilft dabei, Betrug und Konflikte zu reduzieren, was Zeit, Ärger und Kosten spart. Das Ergebnis ist ein Prozess, der weitaus nahtloser, schneller und vertrauenswürdiger ist." Also geht es nun, wie Schreiber der Wirtschaftswoche mitteilt, um das Finetuning der Risiken.


Dazu passt es auch, dass Lemonade sich selbst nicht zwischen Unternehmen und StartUp einordnen möchte. Wissner-Levy zur Frage, wie sich Lemonade selbst betrachte: "Wir sehen uns als ein Technologieunternehmen, das Versicherungen verkauft, und nicht anders herum."


Lemonade über den europäischen Markt und die Regulierung 

"Deutschland ist ein Weltmarktführer im Bereich von Technologie und Versicherungen. Zugleich ist es ein wichtiger Markt von zwei Lemonadeinvestoren, AXA und Allianz. Die Bevölkerungsstruktur ist gut für Lemonade", sagt Wissner-Levy zur Frage, was ein amerikanisches Versicherungsunternehmen dazu antreibt, nach Deutschland und Europa zu expandieren.


Aus Sicht der Regulierung findet Lemonade den europäischen Markt vor allem deshalb spannend, weil man in Amerika für jeden Bundesstaat eine eigene Versicherungslizenz benötige. Die Lizenz in einem europäischen Land reicht jedoch umgekehrt dazu aus, dass man in allen anderen europäischen Ländern aktiv werden kann, erläutert Lemonades Pressesprecherin auf Nachfrage.


Insofern gibt es beim Unternehmen keine Angst vor der europäischen Regulierung. Im Gegenteil betont Wissner-Levy, dass Vertrauen und Transparenz als Grundsäulen von Lemonade darauf ausgerichtet sind, Kunden zu gefallen und zugleich auch strengen Regulierungsansprüchen zu genügen.


Foto: Shutterstock

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