Ein kurzes, aber sehr nettes Interview mit Luke Edward Hall.
Herr Hall, Sie gestalten Räume, die üppig und exzentrisch ausschauen. Beschleicht Sie auch manchmal dieses deprimierende Gefühl an geschätzt 90 Prozent aller Orte, in denen es weitaus trister zugeht, in den Hotelzimmern, Behörden oder Büros dieser Welt?
Das Gefühl kenne ich. Viele Orte deprimieren mich, wenn ich eine Weile dort verbringen muss. Oft gibt es so einen Mangel an Dekoration, Farbe und Vorstellungskraft. Funktion hat oberste Priorität, was mir wirklich jammerschade erscheint. Auf der anderen Seite macht dies die besonderen Orte sogar noch besonderer…
Verraten Sie uns einen dieser besonderen, über-dekorierten Orte?
Ganz klar Annabel’s in London, gestaltet von meinem Freund Martin Brudnizki! [Ein legendärer Privatclub, der 2018 komplett neu gestaltet wurde, Anm. d. Red.] Dieser Ort ist so übervoll an Ideen und Spaß – es ist ein absoluter Tumult an Farben, Mustern und Wundern.
Sie gestalten gern Räume, in die eine zweidimensionale Welt hereinbricht: Durch zahlreiche Kunstwerke und Illustrationen, aber auch durch Ihre eigenen Zeichnungen, die zum Beispiel auf Kissen oder Teekannen gedruckt werden. Sie zeichnen auffällig flach. So erscheinen die dreidimensionalen Räume immer ein wenig bühnenhaft, was sie noch eskapistischer, noch weiter entfernt von jeglichem Alltag erscheinen lässt.
Das stimmt: Ich denke auch, dass meine Arbeit sehr viel mit Eskapismus zu tun hat. Es ist nicht so, dass ich die echte Welt ignorieren möchte, aber ich mag die Vorstellung, dass meine Dinge Menschen an einen romantischeren, bunteren und spielerischeren Ort transportieren. Und ich mag Ihre Bemerkung, dass sich meine Arbeit bühnenhaft anfühlt! Ich liebe die Idee der Bühne, wo nichts wirklich ist, wie es scheint.
Sie und Ihr Partner leben ihrerseits in einer winzigen, umfangreich dekorierten Wohnung in London. Können Sie uns verraten, wie man auch auf kleinem Raum hemmungslos eklektisch sein und zugleich den Überblick behalten kann?
Es gibt eigentlich kein Geheimnis um den eklektischen Look: Ich denke, man muss einfach sammeln, was man mag, Dinge, die zu einem sprechen. Ich persönlich liebe einen aufgeputzten Rokoko-Wandleuchter ebenso wie einen Marmor-Esstisch aus den 1950ern. Warum können diese Dinge nicht direct nebeneinander leben? Meiner Meinung nach sorgen sich viele Menschen manchmal zu sehr darüber, ob bestimmte Dinge zusammenpassen, dabei wird sich das für gewöhnlich schon irgendwie ergeben, wenn du sie liebst.
Eines gehört aber sicherlich dazu: Jede Menge Staubwischen…
Wir haben einige Unterstützung in Sachen Staub!
Es ist heute unmöglich, einen Trend auszumachen, ohne auch sein exaktes Gegenteil zu nennen. Trotzdem: Dinge schnell auszusortieren und sich nicht an materielle Dinge, insbesondere Kleinkram, zu heften, ist ziemlich beliebt derzeit. Es gibt Ratgeber und natürlich Marie Kondo, die viel Geld damit machen, andere zum Ausmisten zu animieren. Was halten Sie davon?
Ich denke, dass es ganz sicher gut ist, nur mit Dingen zu leben, die dir Freude bereiten. Es scheint nur so, als ob ich sehr viele dieser Dinge habe! Ich lebe nicht aus einem Selbstzweck heraus mit vielen Dingen. Sie bedeuten mir wirklich etwas. Ich habe sie im Laufe der Zeit gesammelt – sie alle haben Geschichten, die untrennbar mit ihnen verbunden sind. Sagen wir so: Wir haben regelmäßige Checks zuhause…Unser Apartment ist so klein, dass wir nicht ständig über irgendwelchen Kram stolpern können. Wenn wir uns nicht länger mit irgendetwas verbunden fühlen, dann spenden wir es für einen gemeinnützigen Zweck oder verkaufen es auf eBay.
Haben Sie einen Wunschauftrag? Oder gab es den schon einmal?
Aktuell arbeite ich an einem Projekt in Paris, einer Kombination aus Hotel und Café. Das macht mir besonders viel Spaß, weil ich sowohl das Interieurdesign als auch die Art Direktion übernehme – also das Branding, die Arbeitsuniformen der Mitarbeiter, die Schreibwaren und Briefköpfe und so fort. Es wird eine komplette Welt werden!