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Porträt einer Altbäuerin: "Eigentlich wollte ich immer weg"

© Katharina Brunner

Auf der Hügelkuppe reihen sich die Stationen des Kreuzwegs aneinander, sie ragen in die Luft, im Hintergrund nur der strahlend blaue Sommerhimmel, als wäre die Welt hinter der Hügelkuppe abrupt zu Ende. Dahinter geht es steil bergab ins Kärntner Lesachtal. Die nächste Brücke macht mit einer Kurve eine tiefe Schlucht überwindbar. Toni hat sie vor 46 Jahren gebaut, und sie führt zum Bauernhof von Berta Knotz.

Heute ist Toni Bertas Ehemann. Auf dem Weg durch die Dörfer, die sich auf den steilen Hängen ihren Platz verschaffen, sieht man einige Tafeln mit dem Bio-Austria-Logo, eine weitere ruft den vorbeifahrenden Autos auf der schmalen Straße zu: „Faire Preise für Landwirte!". Auch Berta und Toni bewirtschaften ihren Hof seit 35 Jahren biologisch. Als Montagearbeiter kam der heute 66-jährige Toni aus der Steiermark ins Tal, um die Brücke zu bauen, in den Gästezimmern von Bertas Eltern kam er unter. Berta erinnert sich, wie die Arbeiter alle in der Stube saßen und ihr Vater entschied, nun sei es Zeit für Berta zu gehen.

Die Worte der Männer zählten

„Aber ich bin geblieben. Ich habe gesagt, dass ich selbst weiß, wann ich geh", erinnert sich Berta. Und Toni blieb auch sitzen. „Ich konnte nicht aufhören zu reden, ich musste so viel loswerden. Und er hörte mir einfach zu", erinnert sie sich an die ersten Treffen. Berta ist eine gute Erzählerin, jeder Moment steht für etwas Größeres. Sie musste viel reden, weil sie damals mit Mitte zwanzig eigentlich nicht da sein wollte, wo sie war, wo der Toni gesessen ist: in der Küche auf dem Bauernhof ihrer Eltern in Birnbaum.

„Eigentlich wollt ich immer weg. Ich war anders, und das haben meine Eltern mich auch spüren lassen. Ich war das anstrengende Kind", sagt Berta schmunzelnd, während die Schatten der Nussbaumblätter auf ihrem Gesicht tanzen.

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