Am Bahnsteig, in der Bahn, im Büro - überall das gleiche Bild: Gesenkte Köpfe, die konzentriert auf Displays starren. Wird der hängende Kopf zum Dauerzustand, bekommt man Nackenschmerzen und Kopfweh. Also das, was manch einer den "Handynacken" nennt.
Kurz die Mails checken, Nachrichten lesen, chatten oder im Internet surfen - Smartphones und Tablets machen es möglich. Ein Problem dabei: Ständig sitzt man mit gesenktem Kopf da. Das kann zu Kopfschmerzen und Nackenproblemen führen - der "Handynacken". Kein Wunder, dass es dafür schon einen Namen gibt: Glaubt man dem New Yorker Wirbelsäulenchirurg Kenneth K. Hansraj, kommen viele Nutzer täglich auf vier Stunden und mehr an Smartphone und Tablet.
Die modernen mobilen Endgeräte verleiten zu einer unnatürlichen Haltung, einer Fehlhaltung. "Wir sprechen seit einigen Jahren in solchen Fällen vom Handynacken", sagt Wolfgang Panter, Präsident des Verbandes Deutscher Betriebs- und Werksärzte. Er hält den Begriff aber für schlecht gewählt, denn die Probleme tauchen nicht beim kurzen E-Mail-Checken auf dem Handy auf. "Erst intensives Nutzen von Smartphones und Tablets führt zu Problemen."
Jugendliche, die etwa stundenlang chatten oder Filme auf dem Tablet schauen, seien wegen der noch höheren Flexibilität der Wirbelsäule besonders gefährdet. Panter sieht aber auch Ältere in Gefahr, wenn sie ihre Zeitung stundenlang als E-paper lesen. Die Nutzer verharren dann zu lange in einer unnatürlichen Haltung.
Hansraj vom New Yorker Klinikum für Wirbelsäulenchirurgie und Rehabilitation hat 2014 in einer Modellstudie ermittelt, welche Kräfte auf die Wirbelsäule wirken, wenn wir auf Smartphone und Tablet blicken und tippen. Demnach lastet der etwa 4 bis 6 Kilo schwere Kopf eines Erwachsenen mit rund 13 Kilo zusätzlich auf die Halswirbelsäule, wenn er etwa 15 Grad nach vornüber geneigt ist.
"Der Mensch ist ein Lauftier und kein Faultier"
Je weiter wir den Kopf neigen, desto stärker wird die Belastung. Beim Schauen aufs Display senkt der Nutzer seinen Kopf aber nicht um 15 sondern meist um die 60 Grad. Kräfte von 27 Kilogramm wirken auf Nacken und Rücken. Das entspricht etwa dem Körpergewicht eines siebenjährigen Kindes.
Je länger und öfter jemand in dieser Position verweilt, desto eher fallen die Schultern nach vorn, überdehnen die Halsmuskeln, verkürzen die Brustmuskeln und wird die Wirbelsäule belastet. Die Folgen: Verspannungen und Kopfschmerzen, im schlimmsten Fall ein frühzeitiger Verschleiß der Bandscheiben.
Trotzdem: "Handynacken ist in der Klinik kein Thema", sagt Bernd Kladny, Chefarzt der Orthopädie und Unfallchirurgie an der Fachklinik Herzogenaurach. Doch er begrüßt die Aufmerksamkeit, die der knackige Begriff schafft. Aufmerksamkeit dafür, dass wir etwas gegen länger eingenommene einseitige Fehlhaltungen tun müssen - egal, ob im Beruf oder in der Freizeit: "Der Mensch ist ein Lauftier und kein Faultier", sagt Kladny. "Er braucht Bewegung, und da tut ihm jede Form gut", erklärt der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie.