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Dieselgate: Journalisten und ihr Riecher

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Da kann der neue VW-Chef Mathias Müller kommunikativ noch so viel Gas geben, um das Unternehmen aus dem Dreck zu fahren. Die Journalisten werden aus gutem Grund weiter kritisch im Ruß wühlen. So zeigt eine aktuelle Studie, dass 70 Prozent der Journalisten im MEDIA DELPHI 2016 davon ausgehen, dass Volkswagen von allen Unternehmen in diesem Jahr am meisten Schlagzeilen macht. Das kommt nach Meinung der Krisenexpertin Romy Fröhlich nicht von ungefähr.

Die LMU-Professorin und Gastgeberin des diesjährigen Krisenkommunikationskipfels (16. März 2016, München) ist sich sicher: Die Medien spüren nach den bei VW gemachten Kommunikationsfehlern, dass noch lange nicht alles erzählt wurde. VW steckt nach ihren Worten in der Krise.

Sorge um die Ikone

"VW ist eine nationale Ikone, bei der man sich Sorgen macht, wenn es ihr nur deshalb schlecht geht (= Krise), weil hochbezahlte Menschen im Unternehmen (bewusst!) dumme, weil illegale Sachen gemacht haben und eine Krise verursachten, bei der viele Arbeitsplätze und die gesamte Zukunft dieser Ikone auf dem Spiel stehen können. Das ist die Krise", sagt sie in einem Interview mit Recherchescout.

Die Öffentlichkeit unterscheide sehr genau zwischen der VW-Krise (Krise für das Unternehmen und seine Mitarbeiter) und dem VW-Skandal, verursacht von einigen wenigen Menschen, die bewusst gegen Regeln verstoßen haben und dann auch noch schlecht kommunizieren, als sie erwischt werden.

Wie sie erklärt, hat VW ganz offensichtlich mehrere Fehler gemacht. "Obwohl Winterkorn (nach neuesten Informationen) bereits im Mai 2014 - also eineinhalb Jahre vor dem Bekanntwerden der Manipulationen - erste Informationen hierüber aus dem Unternehmen heraus erhalten hatte, wurde beim ersten Aufkommen in den Medien von den Verantwortlichen bei VW auf ‚Überraschung' und kommunikative Salamitaktik geschaltet", kritisiert sie.

Juristische Empfehlungen verschärfen die Krise

Natürlich sei es in ökonomisch bedrohlichen Krisen wichtig, erst intern die Juristen arbeiten zu lassen und abzuklären, was unter Berücksichtigung zukünftiger Schadenersatzansprüche aus juristischer Sicht überhaupt gesagt werden könne.

Genau hieraus enstünden aber sehr oft juristisch determinierte Kommunikationsempfehlungen, die dann die faktische Krise verschärfen und den Medien den Boden bereiten für fortlaufende Skandalisierung.

Fröhlich: "Im Falle von VW war nicht nur Experten sehr früh klar, dass das Management von den Manipulationen gewusst haben muss."

Nach Meinung der Kommunikationsexpertin werden sich die Medienmacher noch lange mit dem Thema beschäftigen. "Das tun Medien in der Regel vor allem dann, wenn sie auf breiter Basis den Eindruck haben, dass die Betroffenen mehr wissen, als sie sagen und zugeben. In dieser Situation ist es geradezu die Aufgabe von Medien, der Wahrheit zum Durchbruch zu verhelfen - und das führt zu einem quantitativen Anstieg der Berichterstattung."


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