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Kampf um Rom

Der Feind ist klein und schwarz-weiß gestreift. Er pirscht sich vor allem in der Dämmerung an und sticht dann hinterrücks zu. Viele Römer fliehen ans Meer, aber auch dort sind sie nicht sicher vor ihr, der Tigermücke. Aedes albopictus ist der wissenschaftliche Name dieses Insekts, das den Bewohnern der italienischen Hauptstadt den Sommer mal wieder zu Qual macht. Aber auch in vielen anderen Gegenden Italiens sticht die Asiatische Tigermücke gnadenlos zu. „Man kann durchaus behaupten, es handelte sich um einen dauerhaften Notstand“, sagt der Insektenforscher Guglielmo Pampiglione.

Die alljährliche Mückenplage hat die Stadtverwaltung Rom diesmal zu drastischen Maßnahmen animiert. In der ganzen Stadt wurden Plakate geklebt, auf denen in großen Lettern geschrieben steht: „Tigermücke – wir können sie besiegen.“ Darunter ein überdimensional vergrößertes Foto des getigerten Monstrums in Aktion. „Es genügen einfache, wenige Regeln“, lautet der Text auf den Plakaten weiter. Darunter steht eine Telefonnummer. Ruft man dort an, meldet sich die Tigermücken-Verantwortliche der Stadt Rom, Rita Di Domenicantonio. „Pronto?“

„In Ihrem Fall sind wahrscheinlich die Nachbarn Schuld“, analysiert Di Domenicantonio fachmännisch. „Tigermücken fliegen nicht hoch auf Balkone, sondern nisten vor allem in Gärten. Da hat wohl jemand mal wieder das Wasser in seinen Untertöpfen stehen lassen!“ Weil offenbar viele Römer unter Mückenbefall und nachlässigen Nachbarn leiden, ergreift die Stadtverwaltung in diesen Tagen zusätzliche Gegenmaßnahmen. Im Rathaus werden angeblich absolut biologische Tabletten verteilt, die Betroffene zum Beispiel in Abflüsse oder Gullis werfen können. So soll die lästige Brut bekämpft werden. „Dieses Jahr findet die Tigermücke ein ideales Klima vor“, sagt Di Domenicantonio. Es ist heiß und feucht im Land.

Experten bezeichnen die Asiatische Tigermücke als besonders aggressiv. Außerdem ist sie ein extrem anpassungsfähiges Insekt. Aus Südostasien stammend, wurde sie erstmals zu Beginn der 90er Jahre in Italien gesichtet. Inzwischen hat sie sich über weite Teile des Globus verbreitet. Die Italiener, von Rom über die Emilia-Romagna bis Mailand, versuchen ihr seit etwa zwei Jahrzehnten zu entkommen. In Einzelfällen wurde die Tigermücke auch unfreiwillig durch Urlauber über die Alpen in den Norden transportiert. Dort hat sie wegen der kühlen Winter aber geringere Überlebenschancen. In Italien leiden vor allem Kinder und ältere Leute unter den Folgen der manchmal äußerst schmerzhaften Stiche. In seltenen Fällen ist Aedes albopictus auch Überträger von Viren. Vor allem aus den Tropen sind etwa die Übertragung des Chikungunyafiebers oder des Dengue-Fiebers durch die Tigermücke bekannt.

Wie also können die Römer ihren Feinden beikommen? „Die Stadtverwaltung steht alleine da“, seufzt Rita Di Domenicantonio. 70 Prozent des Mückenbefalls finde in Privathaushalten statt, die durch eine eigene Satzung zur Schädlingsentwesung aufgefordert sind. Auch Insektenforscher Pampiglione behauptet: „Unsere Achillesferse ist die Prävention, da passiert noch zu wenig.“ Die Römer reagieren meist mit der Beschaffung und dem Abbrennen giftigen Rauchwerks, genannt Zampironi. Das sind ebenso effektive wie giftige spiralförmige Räucherstäbchen. Dabei wären andere Maßnahmen auf lange Sicht noch wirkungsvoller und vor allem gesünder, in erster Linie die Vermeidung stehenden Wassers. Die Tigermücke legt ihre Eier vornehmlich in Untertöpfe von Blumenkästen, in Gullis oder Abflüsse. „Aber auch in Kinderspielzeug und Plastikplanen sammelt sich Wasser, das ideal zum Nisten ist“, sagt Pampiglione.

Die Römer sind also aufgerufen, jede Art heimischer Pfützen zu vermeiden. Auch in Friedhofsvasen sollte regelmäßig das Wasser gewechselt werden, fordern die Experten. Hilfe sei sonst allein von der Tierwelt zu erwarten. Goldfische im Teich, Fledermäuse, Vögel und Kröten könnten helfen, die Invasion in Grenzen zu halten. Insektenforscher Pampiglione hat die Hoffnung auf angemessene Kollaboration seiner Landsleute aber schon aufgegeben. „Ich denke, wir kommen dieser Plage nur mit Geldstrafen bei. Natürlich für die Menschen, nicht für die Mücken.“