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Innovation: Bernauer Start-up entwickelt Roboter

Der will nicht nur spielen. Foto: Gerd Engelsmann

Ein Roboterhund wackelt über den Boden. Ein Kran hebt einen Bauklotz hoch. Ein kleiner Rennwagen rast vorbei. Klingt nach Kinderzimmer, ist aber die Welt der Erwachsenen. Kinematics heißt das Unternehmen, das seinen Sitz in Bernau hat. Das Spielzeug ist allerdings schon für Fünfjährige geeignet. Mit den Baukästen können bereits Vorschulkinder ihre eigenen Roboter bauen und nebenbei spielerisch programmieren lernen.

Nach dem Lego-Steck-Prinzip sind sie ganz einfach zusammenzubauen, per App lassen sie sich intuitiv steuern und programmieren. „Tinkerbots" nennt das Start-up Kinematics seine Roboter. Man kann sich an die Anleitungen halten oder auch nicht und stattdessen etwas Eigenes kreieren. In der Werkstatt in Bernau, wo früher mal ein Schlecker-Laden war, werden die Robotik-Baukästen produziert. Die Mitarbeiterin Ulrike Nordmann findet: „In Deutschland sind wir mit der digitalen Bildung noch nicht sehr weit." Daran will Kinematics etwas ändern.

Kooperation mit Schulen

Die Idee zu den Tinkerbots entstand im Jahr 2009 an der Bauhaus Universität in Weimar. Leonhard Oschütz studierte damals Produktdesign und entwickelte für seine Abschlussarbeit zum Thema „Traummaschine" die ersten Prototypen der Roboter. Zusammen mit Christian Guder und Matthias Bürger gründete er 2012 das Start-up Kinematics. Die Suche nach Investoren war nicht so leicht, erst im November 2015 konnten dank erster Geldgeber und einer Crowdfunding-Kampagne die ersten Robotik-Baukästen gelauncht werden. Inzwischen ist das Uni-Projekt zu einem Unternehmen mit 30 Angestellten herangewachsen, das seine Produkte in die ganze Welt verschickt. Am 1. Februar beginnt die Spielwarenmesse in Nürnberg, die größte der Welt, wo auch die Brandenburger mit einem Stand vertreten sein werden.

In ihrem Design-Office in der Turmstraße in Berlin tüfteln sie an neuen Ideen. Günstig sind die Robotik-Baukästen allerdings nicht. Rund 190 Euro kostet der Einsteiger-Bausatz - eine Summe, die sich nicht alle Familien leisten können. „Ja, Robotik ist nicht ganz günstig, aber ist halt auch viel Technik drin", sagt die Geschäftsführerin Adrienne Fischer, die 2016 als ehemalige Führungskraft aus der klassischen Spielwarenbranche zu Kinematics wechselte. Tinkerbots eigne sich als großes Gemeinschaftsgeschenk mehrerer Familienmitglieder, findet sie. „Man darf nicht vergessen, dass es kein normales Spielzeug ist, sondern etwas, was mit dem Kind mitwächst."

Zudem hat Kinematics angefangen, mit verschiedenen Bildungseinrichtungen zu kooperieren, zum Beispiel mit der Kurt-Tucholsky-Oberschule und einem Kindergarten in Stahnsdorf.

Das Herzstücks eines jeden Roboters ist das Powerbrain, ein roter Würfel mit wenigen Tasten. Drückt man auf die Play-Taste, bewegen sich die Gelenke, Räder und Greifer nach Zufallsprinzip. Mit einem Aufnahme-Button kann sich der Roboter Bewegungen merken und wiederholen. Kinder im Grundschulalter können via Bluetooth mit ihrem Smartphone die Roboter steuern und programmieren: Man wählt Codeblöcke aus und der Roboter führt die ausgewählten Bewegungen aus. Jugendliche können das Powerbrain per USB an ihren Computer anschließen und über die Open-Source-Plattform Arduino programmieren.

Viele der Bauteile werden in Handarbeit zusammengebaut. Ulrike Nordmann führt durch die Werkstatt in Bernau. Drei Mitarbeiterinnen sitzen gemeinsam an einem Tisch in der Mitte der Halle. Sie löten Kabel an Metallteile und schrauben minikleine Schrauben fest. „Das hat etwas sehr Beruhigendes", sagt eine von ihnen.

Für die Arbeit braucht es hohe Präzision. Maschinen, die das leisten könnten, sind schlichtweg noch zu teuer. Stolz zeigt Nordmann die zwei Fertigungsmaschinen, die sie selbst erfunden und gebaut haben. Und die ihnen ein paar Handgriffe abnehmen: Johanna und Berta werden sie genannt.

Sirup zur Belohnung

In Zukunft wolle das Unternehmen noch mehr in Richtung Automatisierung gehen, so Fischer. Dass am Ende die Roboter sich selbst zusammenbauen, sei aber eher unwahrscheinlich.

Eins der neusten Produkte heißt „My first robot". Nordmann setzt den kleinen Roboter auf den Tisch. Er pupst, fährt auf dem Tisch rückwärts und im Kreis. Das niedliche Kerlchen erinnert an den Müllroboter aus dem Kinofilm „Wall-E". „Hallo", sagt es mit Micky-Maus-Stimme und schaut einen mit großen, runden Augen an. Es liebe Süßigkeiten, erklärt Nordmann.

Die Spielidee: Der Roboter macht eine Bewegung vor, die der Spielende dann nachprogrammiert. Es beginnt einfach, später werden die Bewegungen komplexer, die Herausforderungen größer. Man verfolgt die Bewegungen, die der Roboter zeigt, und baut den Bewegungsablauf nach, indem man verschiedene Code-Blöcke auf dem Bildschirm zusammenfügt. Gelingt das, wird parallel auf der App ein Belohnungssystem für den Roboter aktiviert. So kann man ihm helfen, Zuckersirup zu entwickeln.

Dann ist die Präsentation vorbei, die Koffer für die Messe in Nürnberg werden gepackt. Später am Telefon sagt die Geschäftsführerin Adrienne Fischer noch: „Ich habe erst in der Universität programmieren gelernt. Wir müssen früher ansetzen. Es ist einfach ein Riesenthema. Und ich glaube, es ist genau die richtige Zeit dafür."

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