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Truffle Pig Bar: Von Feuerlöschern und Trüffelschweinen

Das Kauz & Kiebitz in Berlin hat bislang mehr als Bierbar geglänzt. Mittlerweile glänzt im Hinterzimmer die Truffle Pig Bar als Speakeasy. Dort will man jedoch nicht die Prohibition imitieren, sondern laboriert auf Höhe der Zeit.

Ist es erlaubt, im 21. Jahrhundert noch eine Speakeasy-Bar zu eröffnen? Nein, möchte man zunächst sagen, aus ganz verschiedenen Gründen. Zu aller erst ist das Speakeasy ein Ding der Prohibitionszeit. Gab es in Neukölln eine Prohibition? Nein. Ähnlich dem O'Donnell-Jar, einem typischen Einmachglas, in das man während der Prohibitionszeit Whiskey füllte, hat so manche Sache aus alten Tagen in fortgeschrittenen Zeiten keine Berechtigung mehr. Zumindest auf die Einmachgläser trifft das wirklich zu. Sie sind über die Maßen unpraktisch, und das zumeist überstilisierte Etikettendesign ist im Gedenken an die damalige Schmuggelzeit eher Hohn als Hommage.

Truffle Pig Bar: Skrupel macht Mut

Anders ist das möglicherweise bei der Speakeasy Bar. Zwar muss sich keiner mehr verstecken, um einen Drink zu verzehren. Sich gemeinsam mit Menschen, die dasselbe Schöne schätzen wie man selbst, zu verkriechen, das ist jedoch zeitlos. Nicht umsonst baute man im Kindesalter Höhlen, in denen man das von zuhause erbeutete Süßgut mit den Liebsten teilte. Mit der Daseinsberechtigung der heutigen Speakeasy-Bar ist es ganz ähnlich. Von außen braucht man etwas wie ein Passwort, innen macht man es sich sehr schön und wohlig, und die soziale Konstitution ist eine kulinarische.

Genau wie in der Truffle Pig Bar. Das Kautz & Kiebitz in der Reuterstraße macht das einwandfrei vor. Gelegen zwischen Oblomov und Damensalon zur Linken sowie den Dschungel im Rücken, ist die Bar keinesfalls der Keller oder Hinterhof eines Antiquitätenladens, wie man es sich gerne vorstellen würde. Ein Versprechen der Speakeasy Bar allerdings wird gehalten: Man kann es kaum finden. Wohingegen die eigentliche Bar des Kauz & Kiebitz eine gemütliche Kneipe stellt, in der Fassbier getrunken, im Separee geraucht und fröhlich mit der Bedienung geschäkert wird, geht es im Hinterzimmer anders zu.

Logisch, die Truffle Pig Bar sucht sich seine Gäste nämlich gut aus. Wirklich nur, wer von der Existenz dieses Zimmers weiß, begibt sich auf die Suche. Vorbei an den Toiletten, findet man sich bald vor einem großen Spiegel wieder - zur Linken ein Raum für das Personal, zur Rechten der Feueralarm. Jeder, der schon einmal einen Feueralarm gehört oder ihn gar ausgelöst hat, weiß um die Skrupel, die man davor haben sollte. Doch erst Dinge, die beängstigen, machen Mut möglich.

Wer finde, der komme

Im Lissabonner Red Frog ist es ein roter Frosch, den es als Klingel zu finden gilt, im einer Bar namens Trüffelschwein ein Feuermelder - man kann es nie wissen. Waghalsigkeit wird aber belohnt, am ersten Tag der Truffle Pig Bar beispielsweise mit einem „Polynesian Remedy": Der besteht aus einem Banks Golden Age Rum, Laphroaig, Orgeat, Zitrone, Honig, Ingwer und Minze.

Sven Lukas, einer der beiden Köpfe der Bier- und Speakeasy Bar und zuvor aktiv in der repeat-Bar, hatte für diesen Abend etliche schwarze Umschläge verschickt, in denen er befreundete Bartender einlud. Die Bar soll aber keine Bartender-Bar werden, alle sollen kommen. „Wer es nun eben findet," lacht Sven. Mittlerweile gibt es immerhin kleine aufgeklebte Fußspuren, die gen Spiegelwand führen, da könnte man schon helldenkend werden. Werbung hat Sven ansonsten nicht gemacht - nur die echten Trüffelschweine finden in die Truffle Pig Bar. „Ich setze da auf Mund-zu-Mund-Propaganda. Im Kauz & Kiebitz läuft es wunderbar, über kurz oder lang finden uns die Menschen hier hinten schon," erzählt er.

Ein Blick über den rötlichen Marmortresen in Richtung Bar verrät: Hier raucht es. Wenn schon nicht aus den Aschenbechern - das Truffle Pig ist eine Nichtraucherbar - so umso mehr aus der Flasche. Mit Fokus auf Mezcal und Islay-Whiskys zeigt sich also auch die Sneak Preview-Karte. Besonders über dem „Truffle Pig Margarita" mit mit Weißtrüffel infundiertem Tequila machen die Menschen besonders verzückte Gesichter, die gemeinsam mit den dazugehörigen Körpern zufrieden in ihre Ledersessel sinken.

Das Kauz & Kiebitz versucht nicht, eine amerikanische Speakeasy-Bar nachzuahmen. Zu groß wäre das Potential zu scheitern, denn diese Zeit ist ein für allemal vorbei. Mit dem Truffle Pig ist eine Höhle für Große entstanden, die an alte Zeiten zwar denkt, doch mitten in der Gegenwart angekommen ist. Und wie sich das so gehört in Neukölln, ist man mit sich selbst noch lange nicht fertig, auf gute Weise. Auf eine sehr besondere Karte kann man nämlich gespannt sein.

U7 & U8: Herrmanplatz

Kartenzahlung: Ja

Rauchen: Ja

Photo credit: Foto via Shutterstock.

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