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Weiß, weiß, weiß, wie das Weizenbier

 Nicht nur zum Weißwurst-Frühstück und der Münchner Wiesen ist es unverzichtbar – auch in den übrigen Bundesländer hat das älteste Bier der Welt längst Einzug gehalten.

 

Will man sich in Bayern schnell und ohne Umwege als „Ausländer“ outen, so bestelle man einfach ein „Weizenbier“, statt einem „Weißbier“. Daran ist im Grunde genommen nichts verkehrt: Weiß- und Weizenbier sind ein- und dasselbe, allein, in Bayern sagt man „Weißbier“. Es wird immer aus Weizen hergestellt – zumindest zum Großteil, der Rest ist Gerstenmalz. Außer beim Babylonier, der nämlich verwendete 4000 Jahre vor der Geburt Christus Emmer,  eine Ur-Form des Weizens um Brot zu backen, als ihm das Getreide-Wasser-Gemisch versehentlich anfing zu gären. Für die kulinarische Geschichte des Menschen, ein sehr förderliches Versehen!

 

Boom durch Biergarten

 

Weil die Hefe im Weizenbier obergärig ist, sind Temperaturen von etwa 20 Grad nötig und somit hinreichend für die historisch frühe Herstellung – nämlich jenseits von Kühlanlagen, die beispielsweise für das untergärige Pils benötigt werden. Aber nicht nur das Pils verdrängte das Weizenbier zunehmend aus dem Himmel des Hefegebräus. Auch das im 16. Jahrhundert durch die bayrischer Herrscherhaus erlassene Verbot zur Weizenbierherstellung, um genug Weizenreserven für Brot zurückzuhalten, sorgte fast für das vollständige Verschwinden des heute so beliebten Bieres; wären da nicht die Degenberger gewesen. Jenem Freiherr von Degenberg war – gegen gewaltige  Zuzahlungen – nämlich das Privileg zugekommen, Bier zu brauen. Das tat er in seinen „Weißen Brauhäusern“, die nach dem letzten Nachfahren des Geschlechts wieder an das bayrische Herrscherhaus zurückgingen  (– eines davon ist heute das legendäre Hofbräuhaus!). Aus den Gewinne dieser Brauhäuser waren für den aufwändigen Hofstaat unentbehrlich und es wurden Verträge mit Münchner Wirten eingegangen. Diese waren allerdings noch immer  verpflichtet, herrschaftliches Weizen auszuschenken, nicht selbst gebrautes. Erst als es den Bürgern nicht mehr schmeckte, private Brauer deutlich bessere Rezepturen entwickelten und der Konsum keine Einnahmen durch Weizenbier mehr für das Herrschaftshaus einbrachte, kam die lang ersehnte, großzügige Geste: Weizenproduktion für alle Brauer!

Doch auch die Abschaffung des so genannten „Regals“ richtete bis ins 19. Jahrhundert nichts aus und der Konsum von Weizenbier war rückläufig. Dann kamen die 80er-Jahre und stellten alles auf den Kopf – auch die Gastronomie.

Die Sprecherin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes Stefanie Heckel erzählt, dass die seit den 80ern boomende Außenindustrie verantwortlich für „den Siegeszug“ des Weizenbieres sei. Denn Weizenbier spiele vor allem im Sommer eine große Rolle für die Gastronomie. Und das ist kein Zufall. Weizenbiere sind besonders fruchtige Biere und weisen oftmals Noten von Apfel, Banane oder Birne auf – besonders erfrischend daher auf Ausflügen und allen anderen Außen-Angelegenheiten zwischen April und August.

 

Ein Hefe, bitte

 

Nun ist aber Weizenbier nicht gleich Weizenbier. Das bekannteste aller Weizenbiere ist das Hefeweizen. Es ist nicht gefiltert und hat daher eine trübe Färbung. In Baden-Württemberg, Deutschlands zweiter Weizenbier-Hochburg wird ausgesprochen viel Hefeweizen getrunken, weshalb man mit einer Bestellung von einem „Hefe“ durchaus erfolgreich ist. Dann gibt es noch das Kristallweizen. Manch einer möge sich an einen Charakter aus Sven Regners „Herr Lehmann“ erinnern, nämlich „Kristall-Rainer“. Zu erahnen, welch Lieblingsgetränk Kristall-Rainer zu seinem Namen verholfen hat, ist leicht. Im Gegensatz zum Hefeweizen ist es gefiltert und somit klar und spritzig – wie Champagner. Früher nannte man es daher auch „Champagnerweizen“.

Der so genannte Weizenbock ist ein Starkbier und kann bis zu zehn Prozent Alkohol enthalten. Mit ihm lässt sich plus Minze, Limette, Rohrzucker, Rum und Eis ein ganz sagenhafter Weizen-Mojito herstellen. Klingt zunächst seltsam – schmeckt aber toll!

Weiter geht es mit dem dunklen Hefeweizen. Als Ausländer kann es schon verwirren, wenn wir Deutschen von einem „dunklen Weißbier“ sprechen. Tun wir aber auch nicht allzu oft, weil sein Konsum nicht besonders verbreitet ist. Drum steht es auch nicht besonders oft auf der Karte. Dabei weißt es eine malzige Süße auf, weckt Assoziationen mit dunkler Schokolade, gerösteten Kaffeebohnen und passt gut zu Nachtischen.

So gut wie gar nicht mehr am Zapfhahn zu ergattern ist das so genannte „Steinweizen“. Spezielle und stark erhitzte Steine bringen im Sudhaus die Bierwürze zum Kochen. Sobald die Steine abgekühlt sind, in die Lagertanks, wodurch sie dem Bier eine feinrauchige Karamellnoten verleihen.  Durch die aufwändige Herstellung wird es kaum mehr produziert.

Weizenbiersorten gibt es, natürlich, auch in Belgien – das Witbier. Das Brugse Witte, Hoegaarden, La Binchoise Blanche und das Steendonk sind Weizenbiere, die in der Regel mit Koriandersamen und Bitterorangenschalen gewürzt sind.

 

Dickes B

 

Doch dafür entstehen neue Dinge! Einer Gotteslästerung gleich dürfte für Weizenbierliebhaber zum Beispiel Schöfferhofers Herstellung des Grapefruit-Bieres gewesen sein. Aber auch im Süden ist man vor Verunglimpfungen des ältesten Bieres nicht sicher. Der Verrat trägt den Namen „Bananenweizen“ und hat es sogar auf die Speisekarte so manches Biergartens geschafft. Im beschaulich an Tübingens Neckar gelegenen Brauhaus „Neckarmüller“ beispielsweise, steht das Bananenweizen auf der Karte. „Wem´s schmeckt“, grummelt der Kellner und bringt die acht Bananenbiere einer Gruppe Studentinnen.  In München würde man allein für die Nachfrage vermutlich verprügelt. Selbiges, übrigens, geschieht bei Nachfrage einer Zitrone im Bier. Sie reduziert gleichwohl Geschmack wie Schaum. Manche einer ist der Meinung, bei Kristallweizen dürfe man das, dann aber bitte auch in Kombination mit einigen Reiskörnern für die bessere Optik – Geschmäcker bleiben offenbar verschieden.

Und auch Berlin leistet sich hier dicke Dinger. Wem es schon beim Bananenweizen grauste, möge hier besser nicht weiterlesen. In eine „Berliner Weisse“, dem in Sachsen-Anhalt entwickelten Hauptstadtweißbier, kippt man nämlich Himbeer- und Waldmeistersirup. Da es an sich leicht säuerlich ist, wird es durch den Sirup fruchtig, süß und ist von einem Sommertag am Tempelhofer Feld kaum wegzudenken. Und das muss es ja auch nicht.

 

Wie auch immer man sein Weizenbier am liebsten trinkt – seiner Extraportion Vitamin B kann man sich sicher sein. Männer tun sich mit der ausreichenden Aufnahme des Vitamins schwer, vermutlich weil sie nicht genügend Avocado und Banane, Geflügel und Kohl zu sich nehmen. Sie bekommen dann Blutarmut oder Eisenmangel, auch Konzentrationsprobleme und sind ständig müde. Darüber hinaus verbessert Bier die antioxidative Leistung unseres Körpers: nach einem Bier kommt unser Körper also besser mit freien Radikalen zurecht, wodurch die Zellalterung vermindert wird – hervorgerufen, durch beispielsweise Alkohol. Natürlich, dieser ist der weniger gesunde Aspekt am Bier – sei es Weizen oder Pils. Wobei dem Alkoholprotestler auch hier entgegen gehalten werden darf, dass eine geringe Menge Alkohol im Bier, also etwa zwei 0,2-Biere sogar förderlich sind: für Stimmung, Kreislauf und die Nierenfunktion. Beim Schnäpschen zum Herrengedeck hört es dann aber auf – medizinisch lässt der sich leider weniger gut rechtfertigen. Und es gibt noch eine gute Nachricht: beim alkoholfreien Weizen kann sich die Wirkung des Vitamins B 12 weniger gut im Körper entfalten. Na, also!