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Trainee: Dauer, Gehalt, Angebote - alles zum Berufseinstieg - WELT

Trainee oder Direkteinstieg? So entscheiden Absolventen richtig

Traineeprogramme können für Absolventen ein gute Möglichkeit sein, herauszufinden, was sie wollen - oder sich gezielt auf Führungspositionen vorzubereiten. Dafür verzichten sie häufig auf Gehalt. Wie Berufseinsteiger ein gutes Angebot erkennen.

Die letzte Prüfung ist bestanden, die Masterarbeit eingereicht. Und jetzt? Nicht alle Absolventen können oder wollen direkt in ihren Wunschberuf einsteigen - und suchen deshalb nach einem Weg dorthin.


Eine Option ist eine Traineestelle. Eine Umfrage des Jobportals Stepstone (gehört wie WELT zu Axel Springer) unter 4000 Personalern aus dem Jahr 2018 zeigt: Die Hälfte (51 Prozent) der Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern bietet einen solchen Einstieg an. Bei den Firmen mit weniger als 100 Mitarbeitern ist es immerhin jedes vierte (25 Prozent).

In einem Traineeprogramm dürfen sich die Nachwuchskräfte erst mal orientieren und innerhalb von ein bis zwei Jahren verschiedene Abteilungen eines Unternehmens kennenlernen. Zudem versprechen viele Firmen einen persönlichen Mentor, Netzwerkabende mit dem Vorstand oder Auslandsaufenthalte. Das klingt erst einmal attraktiv. Doch nicht für jeden ist ein solcher Berufseinstieg das Richtige, und nicht jedes Programm ist seriös. Was Absolventen wissen müssen.


Wahl des Trainee-Programms: Fachspezifisch oder allgemein?

Für Jobsuchende, die sich unsicher sind, in welchem Bereich sie arbeiten möchten, kann eine Traineestelle ein guter Ausgangspunkt sein. So sehe man viel und könne sich bei voller Bezahlung noch mal zwei Jahre orientieren, erklärt Stephan Pflaum, der an der Ludwig-Maximilians-Universität München Studenten auf dem Weg zum ersten Job begleitet. Jeder vierte, der zu ihm zur Karriereberatung komme, spiele mit dem Gedanken, ein Traineeprogramm zu durchlaufen, sagt der Leiter des Mentoringprogrammes im Career-Service der Hochschule.


Zwar ist ein Großteil der Angebote für den betriebswirtschaftlichen Bereich ausgelegt. Aber auch Absolventen aus den Ingenieurwissenschaften oder dem Maschinenbau bekommen mit Traineeprogrammen die Möglichkeit, sich betriebswirtschaftlich weiterzubilden - und so auf Führungspositionen vorzubereiten. „Große Verlagshäuser bieten inzwischen auch Traineestellen im Managementbereich für Geistes- und Sozialwissenschaftler an", sagt Pflaum. Auch für Quereinsteiger sei das also eine gute Option.


„Jobprofile werden immer komplexer, während Studiengänge weiter sehr generalistisch und theorieintensiv sind", sagt Oliver Meywirth, Geschäftsführer der auf Berufseinsteiger spezialisierten Personalvermittlung Capitalheads. Für viele Unternehmen sei es schwierig, die passenden Kandidaten zu finden. Deshalb biete es sich an, die Absolventen über Traineeprogramme selbst auszubilden.


Generell lassen sich die Angebote in fachspezifische und allgemeine Traineeships unterteilen, erklärt Meywirth. „Bei den einen schaut man sich querbeet die einzelnen Abteilungen eines Unternehmens an, während man sich bei den anderen schon tiefer in ein Thema und eine Abteilung einarbeitet." Ein nicht zu unterschätzender Vorteil für die Teilnehmer: „Viele Vorstände und Führungskräfte haben selbst als Trainees angefangen."


Traineeship im Großkonzern oder im kleinen Unternehmen?

Vom großen Konzern bis zum kleinen Betrieb - die Auswahl an Programmen ist groß. „In mittelständischen Unternehmen arbeitet man viel enger mit dem Management zusammen, man bekommt tiefere Einblicke in die Firma", sagt Studentenberater Pflaum. In einem Großkonzern könne es eher passieren, dass man in einem bestimmten Unternehmensbereich bleibe.


Auch Personalberater Meywirth plädiert dafür, kleineren Unternehmen eine Chance zu geben. Zwar sei das Programm bei Mittelständlern häufig etwas abgespeckt. Doch das kann auch Vorteile für Berufseinsteiger haben: „Man kann früher Verantwortung übernehmen und wird häufig ins kalte Wasser geworfen, während man als Trainee in einem Großunternehmen sich teilweise in einem etwas geschützten Raum befindet", sagt Meywirth.

Weniger Gehalt für Trainees als für Direkteinsteiger

Für die Möglichkeiten, die ein Traineeprogramm mit sich bringt, verzichten Berufsanfänger häufig auf ein höheres Gehalt. „Die Bezahlung liegt meist unter dem für Direkteinsteiger, teilweise sogar deutlich", sagt Capitalheads-Geschäftsführer Meywirth. „Denn für ein Unternehmen können die Kosten für einen Trainee bis zu 100.000 Euro pro Jahr betragen." Allerdings sind die kostenintensiven Programme darauf ausgelegt, die Berufseinsteiger im Anschluss auch zu übernehmen.


Laut einer Umrage des Karriereportals Staufenbiel-Institut aus dem Jahr 2017 unter 297 Unternehmen steigt mehr als die Hälfte der Trainees mit weniger als 40.000 Euro Jahresgehalt ein. Zum Vergleich: Bei den Direkteinsteigern sind es nur 31 Prozent. Elf Prozent der Trainees erhalten 50.000 Euro und mehr im Jahr, bei den Direkteinsteigern ist die Quote mit 25Prozent mehr als doppelt so hoch.


Wer sich also schon sicher ist, wie der Traumjob aussehen soll - beispielsweise eine Karriere im Controlling -, für den kann sich ein direkter Einstieg finanziell stärker auszahlen. Klappt das nicht, kann er immer noch über ein Traineeprogramm nachdenken.


Keine verbindlichen Regeln für Traineeprogramme

Studentenberater Pflaum hält für den weiteren Karriereverlauf beide Wege für gleich wertvoll. Doch es lohne sich, genau hinzuschauen, wie die Angebote konkret aussehen und wie die Übernahmechancen sind. „Wichtig ist, dass das Traineeprogramm eine vollwertige Stelle ist und kein Praktikum", sagt Pflaum. Dem Staufenbiel-Institut zufolge sollte man bei Angeboten unter zwölf und über 24 Monaten misstrauisch werden.


Auch Arbeitnehmervertreter betonen, wie entscheidend der Blick ins Kleingedruckte ist. „Einen rechtlichen Rahmen gibt es für Trainees bisher nicht. Unternehmen haben leider große Freiheiten, wie sie die Programme gestalten", sagt Michael Schmitzer. Er leitet das Ressort Angestellte/IT/Studierende bei der IG Metall. „Sind Entgelt, Spesen und Reisekosten sauber geregelt? Gibt es einen Themenplan und sind die Arbeitsbereiche genau fokussiert?" Wenn diese Details transparent seien, sei alles bestens, sagt der Gewerkschafter.


So läuft die Bewerbung für ein Traineeprogramm

Wer sich für ein Traineeprogramm entscheidet, muss sich mitunter auf einen anspruchsvollen Auswahlprozess einstellen. „Die Konkurrenz ist groß, und entsprechend aufwendig sind auch die Auswahlverfahren", sagt Personalberater Meywirth. „Die Unternehmen wissen: Wenn ein Kandidat sich das antut, hat er auch ein wirkliches Interesse am Unternehmen."


Während kleine Firmen die Trainees häufig über ein klassisches Vorstellungsgespräch auswählen, sind bei Großunternehmen ein- bis zweitägige Assessment-Center die Regel, um die Kandidaten zu prüfen. Dort können sich die Unternehmen die Kandidaten in verschiedenen Situationen genau anschauen. Um es überhaupt dorthin zu schaffen, müsse die Bewerbung tadellos sein, sagt Meywirth. „Unternehmen merken, ob jemand eine Serienbewerbung schreibt oder sich wirklich mit dem Unternehmen beschäftigt hat", so der Personalberater. Bei den Tests geht es häufig auch um die Soft Skills der Kandidaten. „Wie reagiert der Bewerber auf neue Kollegen? Wie funktioniert er im Team? Das sind die Dinge, auf die Personaler achten", erklärt Meywirth. Hinzu kommen Gespräche mit den künftigen Vorgesetzten.


Nach dem intensiven Screening falle die Entscheidung dann häufig recht schnell. „Unternehmen wissen, dass die Zeit ein wichtiger Faktor bei den Bewerbungen ist." Denn die meisten Uniabsolventen bewerben sich nicht nur bei einem Unternehmen. Viele möchten möglichst schnell in den Job einsteigen. „Häufig nehmen sie deshalb gleich das erste Angebot an."

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