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Reisen: Was die Krankenversicherung fürs Ausland bringt - WELT

Ohne eine Krankenversicherung für die Auslandsreise kann der Trip in die Ferne zum teuren Abenteuer werden. Schon ab sechs Euro im Jahr übernimmt eine solche Versicherung zum Beispiel die Kosten für den Kranken-Rücktransport aus dem Ausland. Verbraucherschützer warnen aber vor versteckten Klauseln.


Urlaub ist die schönste Zeit des Jahres. Doch leider ist auch in den Ferien niemand vor Krankheiten oder Unfällen gefeit. Allein der ADAC fliegt jährlich rund 4000 erkrankte Urlauber nach Hause -- und das aus aller Welt. Das gelbe ADAC-Flugzeug ist eine fliegende Intensivstation mit Betten und der medizinischen Ausrüstung eines Krankenhauses. Ein Ärzteteam kann hier bis zu elf Patienten gleichzeitig versorgen - vom Armbruch bis zum Herzinfarkt.


Dieser Service ist nach Ansicht von Bianca Boss vom Bund der Versicherten durchaus sinnvoll: "Ein Krankenrücktransport lohnt sich schon allein zur besseren Verständigung mit den Ärzten und wegen der Nähe zu Verwandten und Freunden. Jeder, der sich eine Auslandsreise leistet, sollte deshalb auch ein paar Euro in eine Auslandsreise-Krankenversicherung investieren."


Denn das Bedürfnis nach Verständnis, Nähe und deutschen Ärzten kommt dem Urlauber ohne Versicherung teuer zu stehen. Wer beispielsweise mit einem Beinbruch von Mallorca nach Hamburg transportiert wird, muss dafür bis zu 10 000 Euro zahlen. Bei Schlaganfällen oder inneren Verletzungen liegen die Transportkosten deutlich höher.


Was viele nicht wissen: Bei Notfällen im EU-Ausland und in Ländern, mit denen Deutschland ein Sozialversicherungsabkommen geschlossen hat, übernimmt die gesetzliche Krankenversicherung zwar die Behandlungskosten, den Rücktransport zahlt sie jedoch nicht. Und wer in ein Land reist, mit dem es kein Sozialversicherungsabkommen gibt, bleibt im Ernstfall auf sämtlichen Kosten sitzen. Und das bekommen nicht nur Kassenpatienten zu spüren. Elke Weidenbach von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen: "Auch privat Versicherten wird der Rücktransport in der Regel nicht bezahlt."


Eine Auslandsreise-Krankenversicherung dagegen kommt weltweit nicht nur für Krankenhausaufenthalte, Arztbesuche und Medikamente auf, sondern auch für die Kosten eines Rücktransports. "So eine Versicherung ist preiswert und notwendig", sagt Versicherungsexpertin Weidenbach. Die Policen werden dem Urlauber häufig im Reisebüro angeboten. Wer beim Reiseveranstalter TUI einen Krankenschutz bucht, zahlt für Reisen nach Europa 15 Euro als Single und 35 Euro für die ganze Familie.


Um nicht für jede Reise aufs Neue zu zahlen, können Urlauber auch gleich eine Versicherung für das ganze Jahr abschließen. Das ist deutlich günstiger und hat den entscheidenden Vorteil, dass der Versicherungsschutz auch bei einem Wochenendtrip nach Paris oder Rom vorhanden ist. Die Beiträge liegen für Singles zwischen sechs und 15 Euro, Familien werden für 15 bis 29 Euro versichert. Wie oft der Versicherte dann innerhalb dieses Jahres verreist, spielt keine Rolle. Bei den meisten Versicherern darf eine Reise am Stück jedoch nicht länger als 42 Tage dauern, bei der Debeka nicht länger als 70 Tage.


Große Unterschiede gibt es bei den Alterszuschlägen. Beim Münchner Verein zahlen Männer schon ab 56 Jahren mehr als den doppelten Beitrag. Bei der Süddeutschen Krankenversicherung gibt es diesen Seniorenzuschlag erst mit 71 Jahren. So alt dürfen Versicherte bei einigen Anbietern gar nicht sein. Bei der Halleschen Versicherung gibt es beispielsweise ab 65 keine Police mehr.


Betina Chill, Projektleiterin bei der Zeitschrift Finanztest, rät allerdings, bei Vertragsabschluss die Klauseln zum Rücktransport besonders aufmerksam zu lesen. Dort heißt es nämlich entweder, der Krankentransport werde bezahlt, wenn er "medizinisch notwendig, sinnvoll und vertretbar" sei oder aber wenn der Krankenhausaufenthalt "länger als 14 Tage dauert".


Versicherungsexpertin Chill warnt: "Im Ernstfall kann es da schon mal zum Streit kommen." Stehe im Vertrag die Klausel "Medizinisch notwendig" komme ein Rücktransport nur in Frage, wenn die Behandlung im Urlaubsland nicht den gängigen medizinischen Standards entspricht. In den meisten Urlaubsländern sei die medizinische Versorgung jedoch einwandfrei. Schon etwas besser sei die Formulierung "sinnvoll und vertretbar". 


Doch unterm Strich, so die Expertin, lasse auch sie noch zu viel Interpretations-Spielraum. "Das Optimum ist sicher die 14-Tage-Klausel. Hier hat der Patient einen konkreten Anhaltspunkt." 


Tritt der Ernstfall ein, sollte der Versicherte seinen Versicherer sofort informieren. Viele Anbieter bieten dafür Notruf-Nummern an. Wer die Versicherung in Anspruch nimmt, muss bei kleineren Behandlungen normalerweise in Vorkasse treten. Damit die Versicherung das Geld erstattet, müssen alle Rechnungen sorgfältig aufbewahrt und Kopien von Rezepten vorgelegt werden. Bei stationären Behandlungen im Krankenhaus ist Vorkasse eher selten. Hier rechnet das Krankenhaus mit der Versicherung direkt ab.


Die Experten von Finanztest haben die Vertragsbedingungen von 38 Auslandsreise-Krankenversicherungen unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Viele Anbieter haben ihre Bedingungen in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Bestnoten bei den Bedingungen für einen "Rücktransport" erhielten ADAC, Deutscher Ring, Elvia, Europäische Reise, Hanse-Merkur und Huk-Coburg.


Weil die Anbieter die neuen Standards nicht automatisch auf ältere Policen anwenden, raten Experten Altkunden, auf neue Verträge umzusteigen. Die meisten Verträge laufen zwölf Monate und verlängern sich automatisch, wenn sie nicht gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt bei den meisten Versicherungsgesellschaften drei Monate.

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