2 subscriptions and 2 subscribers
Article

Trump beim G-20-Gipfel: Hamburgs heikelster Gast

Schon von weitem war das Dröhnen der Rotorblätter zu hören. Die Polizei hatte die umliegenden Straßen abgesperrt. Um eine Liegewiese an der Außenalster versammelten sich zahlreiche Schaulustige, die Smartphones und Kameras gezückt. Kurz danach landeten nacheinander vier Hubschrauber am Ufer - darunter grüne Transporthubschrauber vom Typ Boeing CH-47F Chinook der amerikanischen Armee und grün-weiße Hubschrauber vom Typ Sikorsky VH-60 White Hawk - um dann sofort wieder aufzusteigen und davonzurauschen. Das alles hielt die Hamburger Polizei in einem Video auf Facebook fest.

Auf Wunsch der amerikanischen Sicherheitsbehörden probte die Hamburger Polizei zusammen mit der amerikanischen Armee am Dienstag den Ernstfall, unweit des Gästehauses des Hamburger Senats, einer weißen Kaufmannsvilla, in welcher der amerikanische Präsident Donald Trump während des G-20-Gipfels in der Hansestadt vermutlich übernachten wird. Simuliert wurde die Rettung des Präsidenten. Dabei ging es nach Angaben der Polizei auch um das Zusammenspiel der Sicherheitskräfte. Insgesamt waren sechs amerikanische und drei deutsche Hubschrauber in der Luft, darunter auch zwei von der Bundespolizei und die „Libelle" der Hamburger Polizei.

Schon ohne Donald Trump sind die Sicherheitsvorkehrungen beim anstehenden Gipfel enorm. Mehr als 19.000 Polizisten aus ganz Deutschland werden im Einsatz sein, ebenso wie 28 Hubschrauber, 185 Hunde, 70 Pferde, 3000 Fahrzeuge, darunter 40 Wasserwerfer und mehrere Boote. „Wenn wir es brauchen, packen wir es aus", kündigte G-20-Einsatzleiter Hartmut Dudde an. Die Polizei rechnet allein mit etwa 8000 gewaltbereiten Linksextremisten.

Trotzdem ist für Hamburgs Polizei vor allem Donald Trumps Besuch heikel, schon weil der amerikanische Präsident polarisiert wie kein zweiter und zum Anlass zahlreicher Demonstrationen werden dürfte. In einem Dossier des Bundeskriminalamtes, das dem Magazin „Focus" vorliegt, wird die Befürchtung geäußert, dass Trump mit Provokationen die Stimmung möglicherweise noch aufheizen könnte. „Entscheidungen des US-Präsidenten waren in den vergangenen Monaten nur schwer vorherzusehen. Verbunden mit einer breiten Medienaufmerksamkeit sind vergleichbare Entscheidungen oder Äußerungen jederzeit geeignet, die Proteste gegen den G-20-Gipfel entsprechend zu beeinflussen", zitiert das Magazin aus dem BKA-Dossier.

Die Hamburger Polizei rechne mit massiven Protesten, die „durch die Anwesenheit von Reizfiguren wie dem amerikanischen Präsidenten Trump, ... und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan befördert werden". Deswegen gilt für Trump und Erdogan dem Bericht zufolge als einzige ausländische Regierungschefs die höchste Sicherheitsstufe „GS1."

„Wir passen auf Herrn Trump auf, egal, wo er schläft"

Um den amerikanischen Präsidenten besser zu schützen, wird er im Gegensatz zu anderen Staatschefs wohl nicht in einem Hotel in der Innenstadt untergebracht sein, sondern etwas außerhalb am Ufer der Außenalster - in der Gästevilla des Hamburger Senats, unweit des amerikanischen Generalkonsulats. Hamburgs Innensenator wollte sich zu Trumps Logis im Gästehaus nicht äußern, sondern ließ auf einer G-20-Pressekonferenz lediglich verlauten: „Wir passen auf Herrn Trump auf, egal, wo er schläft. Aber wir sagen nicht wo." Kurzzeitig war auch schon vermutet worden, dass der amerikanische Präsident in Berlin wohnen und täglich mit dem Helikopter nach Hamburg geflogen werde.

Für sein Sicherheitsteam dürfte die Adresse „Schöne Aussicht 26" in einer der vornehmsten Gegenden Hamburgs aber ideal sein: Da die klassizistische Villa ziemlich isoliert auf einer Landzunge zwischen Außenalster und Feenteich liegt, lässt sich das Areal leichter überwachen als die Herbergen in der Innenstadt - im Epizentrum von Krawallen der Gipfelgegner.

Die elegante Villa, 1868 nach den Plänen des Hamburger Architekten Martin Haller für den Kaufmann Friedrich Krogemann erbaut, bot bereits zahlreichen Prominenten eine Herberge: Jassir Arafat, Prinz Charles mit Lady Diana, dem Dalai Lama und dem früheren amerikanischen Außenminister Henry Kissinger. Erst im vergangenen Jahr nächtigte dort der Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon in einem der sieben Schlafzimmer mit Stuckdecke und Kronleuchter. Wenn dort nicht gerade Politiker oder Adlige übernachten, nutzt die Stadt Hamburg das Gebäude für Veranstaltungen oder Pressekonferenzen.

Spezialeinheiten sollen während der Gipfeltage den Uhlenhorster Kanal, den einzigen Zufahrtsweg zur Villa, sichern und auf der Außenalster Polizeiboote patrouillieren. Die Umgebung des Gästehauses wird zum Sperrgebiet erklärt, an allen umliegenden Straßen Kontrollposten eingerichtet. Trumps Entourage, die auf mehr als 200 Personen geschätzt wird, wird wohl unter anderem im nahegelegenen amerikanischen Generalkonsulat übernachten.

Doch auch auf dem Weg von der Villa zum Gipfel in der Hamburger Messehalle wird Donald Trump optimal geschützt sein. Seinen Weg durch die Straßen der Hansestadt, vorbei an wütenden Demonstranten, wird er in einem schwarzen Cadillac aus Titan mit dem Kennzeichen „USA 1" zurücklegen, wegen seiner imposanten Maße auch „The Beast" genannt. Der Wagen ist etwa sieben Meter lang und wiegt Schätzungen zufolge etwa fünf bis acht Tonnen; er ist auf den verstärkten Leiterrahmen eines Pick-ups aufgebaut. Der amerikanische Präsident verfügt über mehrere Fahrzeuge dieser Art. Wenn er reist, nimmt das amerikanische Staatsoberhaupt zwei Limousinen mit - eine zum Fahren, die andere als Ersatz und als Lockvogel, der nicht den Präsidenten, sondern bloß die Leute vom Secret Service transportiert.

Weil über den rollenden Bunker aus Sicherheitsgründen nichts Verlässliches bekannt werden darf, ranken sich zahlreiche Mythen über Aufbau und Ausstattung um die Präsidentenlimousine. Sicher ist nur, dass das Fahrzeug durch eine spezielle Panzerung besonders geschützt ist - vom Unterboden über das Dach bis zu den Scheiben. Die eingebauten Stahlplatten und Kevlarschichten, Standardpanzerung von Staatskarossen, sollen bis zu 20 Zentimeter dick sein. Das aus Kunststoff hergestellte Panzerglas wird auf eine Dicke von zwölf Zentimetern geschätzt.

Die „New York Times" schreibt, dass die Reifen selbst nach einem Granatenbeschuss noch funktionstüchtig sein sollen. Nicht einmal eine Panzerfaust könne dem Wagen etwas anhaben.

Wie bei Militärhubschraubern üblich sei der Dieseltank des Fahrzeugs mit einem speziellen feuerfesten Kunststoff-Schaum ausgekleidet, der Lecks nach Einschüssen selbständig wieder verschließen und Explosionen verhindern soll, will die „Washington Post" erfahren haben. Der Innenraum ist offenbar gegen Angriffe mit Gas oder chemischen Waffen hermetisch abgeriegelt und verfügt über eine eigene Sauerstoffversorgung.

Spekuliert wird auch, ob das Fahrzeug Waffensysteme an Bord hat, etwa Tränengasgranaten und Sturmgewehre - oder auch Blutkonserven des Präsidenten für einen medizinischen Notfall. Ob das tatsächlich der Fall ist, würde sich wohl erst im Ernstfall zeigen, der beim G-20-Gipfel in Hamburg hoffentlich nicht eintreten wird.

Original