2 subscriptions and 2 subscribers
Article

Streit um Justizminister: Jeff Sessions, der Bilderbuch-Konservative

Jeff Sessions ist angezählt. Egal ob in der „New York Times", dem „Wallstreet Journal" oder auf einer Pressekonferenz im Rosengarten des Weißen Hauses: Donald Trump macht aus seinem Frust über den Justizminister keinen Hehl mehr.

Die beispiellose Kritik stößt bei den Republikanern auf wenig Wohlwollen. „Herr Präsident, vielleicht einfach mal ein Treffen probieren", schrieb etwa der republikanische Abgeordnete Adam Kinzinger auf Twitter. Trumps Verhalten gegenüber Sessions sei „der Würde des Amts nicht angemessen."

Beide scheuen aber nach wie vor die direkte Konfrontation. Wie das Online-Magazin „Politico" berichtet, kommunizierten Trump und sein Justizminister nur über Dritte. Trump nutzt die Medien, um Sessions seine Verärgerung mitzuteilen - über Sessions Reaktionen unterrichten dessen Vertraute das Weiße Haus. Sessions Stabschef Jody Hunt etwa soll dem Weißen Haus laut einem Bericht der „Washington Post" in diesen Tagen gesagt haben, der Minister habe nicht die Absicht zurückzutreten. Sessions wolle sich ganz auf seine Agenda konzentrieren.

Sessions will sich Trumps Druck nicht beugen

Falls Trump also versucht, durch den öffentlichen Druck und seine permanenten verbalen Attacken Sessions zu einem Rücktritt zu bewegen, dann scheint sein Plan nicht aufzugehen. Trump könnte ihn zwar auch selbst entlassen, das würde jedoch zu sehr nach Beeinflussung der Justiz aussehen - ein Eindruck, den Trump angesichts der laufenden Russland-Ermittlungen und den Spekulationen um den Rücktritt des FBI-Direktors Comey unbedingt vermeiden will.

Genau diese Causa löst offenbar Trumps Verärgerung über Sessions aus: Der amerikanische Präsident missbilligt dessen Entscheidung, sich aus den Ermittlungen des FBI in dem Fall heraushalten zu wollen. Der Justizminister hatte sich selbst für befangen erklärt, weil er sich während des Wahlkampfes ebenfalls mit dem russischen Botschafter Sergej Kisljak getroffen hatte. Das gab er aber erst später zu. Mit seiner Befangenheitserklärung hatte Sessions ermöglicht, dass sein Stellvertreter Rod Rosenstein den unabhängigen Sondermittlers Robert S. Mueller einsetzt, der nun prüfen soll, ob Russland in Absprache mit dem Trump-Team Einfluss auf die amerikanische Wahl genommen hat. Das hatte Trump unbedingt verhindern wollen.

Eigentlich ist Session ein Mann ganz nach dem Gusto des amerikanischen Präsidenten: In vielen Bereichen treibt er jene erzkonservative Politik voran, für die sich Trump stark gemacht hat. Der Justizminister gilt als Muster-Konservativer: Er lehnt die Ehe für alle, das Recht auf Abtreibung sowie eine liberale Drogenpolitik ab. Außerdem spricht sich Sessions für eine harte Linie gegen illegale Einwanderer aus. Erst vor kurzem drohte das Justizministerium damit, sogenannten Sanctuary Cities Gelder für die Sicherheitsbehörden zu entziehen, sollten diese der Einwanderungsbehörde ICE keinen Zugang zu den städtischen Gefängnissen ermöglichen, damit die Einheit den Aufenthaltsstatus der Inhaftierten prüfen könne. „Sanctuary Cities" sind „Zufluchtsstädte", die sich weigern, illegale Einwanderer nach den Bundesgesetzen an das ICE zu übergeben.

Stärkere Bekämpfung von Gangs und Drogenkriminalität, rigoroses Vorgehen gegen Marihuana, das immer mehr Bundesstaaten legalisieren wollen, harte Linie bei der illegalen Migration - Sessions kehrte deutlich ab von der Politik des Justizministeriums unter Trumps Vorgänger Barack Obama. Damals lag der Fokus auf der Prävention von High-Tech-Angriffen aus dem Ausland sowie von Wirtschaftskriminalität und gewalttätigem Extremismus im Inland.

Trumps Kalkül

Präsident Trump hätte also gute Gründe, deswegen an Justizminister Sessions festzuhalten. „Ich habe mit zahlreichen Leuten aus dem West Wing telefoniert. Keiner kann verstehen, warum Trump so wütend auf Sessions ist", sagte ein Berater Sessions.

Original