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Sandmangel treibt Baukosten in NRW in die Höhe

Ohne Sand kein Beton. Und ohne Beton kann nicht gebaut werden. (Archiv). Foto: Probst, Andreas (apr)

Nachschubprobleme: Sandmangel treibt Baukosten in NRW in die Höhe


Die Nachfrage nach den Rohstoffen für die Betonproduktion übersteigt inzwischen das Angebot. Die Bauindustrie warnt vor drohenden Engpässen und steigenden Preisen. Mancherorts warten Arbeiter wochenlang auf den Beton.


Sand ist nach Wasser der wichtigste Rohstoff, vor allem für die Bauindustrie. Diese warnt jetzt vor drohenden Engpässen bei der Versorgung mit Sand und Kies. Durch den Immobilienboom wachse die Nachfrage schneller als das Angebot, berichtet der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB). Besonders für Nordrhein-Westfalen könnte sich das zu einem großen Problem auswachsen.

ZDB-Geschäftsführerin Christine Buddenbohm warnt, dass es vor allem in Ballungsgebieten Lieferengpässe gebe. „Wo der Bauboom groß ist, wartet man wochenlang auf den Beton. Denn neben dem Sandmangel ist auch die Logistik ein Problem." All das verzögere die Bautätigkeit schon jetzt. Hinzu kommt, dass inzwischen auch auf dem weltweiten Markt für Sand Nachschubprobleme auftreten.

Weltweit boomt das Geschäft mit dem Sand

Abbau Weltweit werden jährlich 40 Milliarden Tonnen Sand abgebaut. Die Körnung liegt zwischen 0,063 und zwei Millimeter.

Nutzung 98 Prozent der weltweiten Sandförderung stecken am Ende im Beton.

Geschäft Jährlich werden mit Sand rund 62 Milliarden Euro umgesetzt.

Betonhersteller benötigen ein Gemisch aus 60 Prozent Kies und 40 Prozent Sand. Allein für ein mittelgroßes Haus braucht man 200 Tonnen Sand. Immer häufiger müssen die Grundmaterialien aus dem Ausland importiert werden, was mit erhöhten Transportkosten verbunden ist. Für den bereits sehr angespannten Immobilienmarkt hat das erhebliche Folgen. Denn durch die hohen Baupreise steigen auch die Mieten in den Städten.

Zwar ist Deutschland reich an Sand. Nach Auskunft der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) gibt es in der Bundesrepublik rund 2000 Sand- und Kiesgruben. Jedoch liege ein Großteil der Vorkommen in Naturschutzgebieten oder liegt unter bebauten Zonen. „Die Rohstoffe in Deutschland reichen theoretisch für Tausende von Jahren aus, aber nur weniger als ein Prozent davon ist verfügbar", erklärt Harald Elsner, Wirtschaftsgeologe in der BGR. Das Problem sei auch politischer Natur: Nirgendwo in Europa seien die Richtlinien zur Erschließung neuer Abbauflächen so streng wie in Deutschland. Das Genehmigungsverfahren für die Unternehmen dauere oft zehn bis zwölf Jahre.

Immer wieder komme es auch zu heftigen Protesten von Anwohnern, Umweltschützern oder Landwirten gegen den Abbau. „Tagebau bedeutet einen Eingriff in die Natur und Landschaft. Da möchte niemand eine Kiesgrube vor der Tür haben", bestätigt Buddenbohm. BGR-Experte Elsner lobt das steigende Umweltbewusstsein der Bürger. „Aber es muss auch allen bewusst sein, dass in jedem Alltagsprodukt Rohstoffe stecken." Nicht nur für die Bauindustrie ist Sand ein wichtiger Rohstoff. Auch in Glas, Seife und Smartphones stecken die feinen Körner. Und sie filtern Wasser.

Am Niederrhein befindet sich eine der größten Kies- und Sand-Lagerstätten in Europa. „Das liegt daran, dass die Rohstoffqualität hier sehr gut ist. Für die Betonproduktion ist das richtige Mischverhältnis schon gegeben", erklärt Jennifer Arnscheidt, Sprecherin der Initiative Zukunft Niederrhein. Ihr gehören 27 Kieswerke von 13 Bauunternehmen in den Kreisen Wesel und Kleve an. Schon in den nächsten fünf Jahren aber werden elf der Vorkommen ausgebeutet sein. Bis 2028 könnten weitere elf Werke schließen. „Eine Alternative zur Gewinnung von Sand und Kies, etwa durch Recycling oder Import von Baustoffen, sehen wir derzeit nicht", sagt Arnscheidt. Denn auch für Recyclingmaterial gebe es strenge Vorschriften. Und schon der Rohstofftransport führe zu einer hohen Straßen- und Umweltbelastung.

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