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Vier Alben mit Schlaghose

Weniger präsent als der 80er-Trend in der Musik sind Alben, die die 70er wieder aufleben lassen. Ein Blick fünf Jahrzehnte zurück mit unserer Redakteurin Julia lohnt sich trotzdem. Rock-Giganten wie Led Zeppelin waren damals Mainstream, quasi die damaligen Jonas Brothers. Pop gab es noch nicht - Rockmusik, Punk und Disco regierten die Musiklandschaft. Wer hier mit den Musikreferenzen nicht so viel anfangen kann, möge die Plattensammlung der Eltern konsultieren. Übrigens eignen sich die ersten beiden der folgenden vier vorgestellten Platten optimal als Geschenk für eure Eltern, darauf könnt ihr blind vertrauen.

Giuda - E.V.A, 2019 

1972 war das Jahr des Glam Rock, vor allem in Großbritannien. Helden dieser Zeit waren T.Rex und David Bowie. Dieser Tradition folgen Giuda aus Rom vor allem musikalisch. Wie die eben genannten Musiker lieben die fünf Italiener fette Riffs, stampfende Rhythmen und Melodien, die Spaß machen und das Tanzbein provozieren. Optisch heben sie sich allerdings von früheren Glam-Rock-Legenden ab. Hervorgegangen sind Giuda nämlich aus der italienischen Punkband Taxi. Im Look bleiben sie eher den Punk-Traditionen treu: Statt androgynen, glitzernden Gewändern wie für Glam-Rocker üblich, bleiben die Italiener bei einfachen Shirts und Lederjacken. Auch in den Songs schimmert ab und zu die rebellische Punker-Seele durch. Allerdings wird sie meist von einer Menge künstlichem Nebel, bunten Scheinwerfern und schillernden Beats überdeckt. Mit dem aktuellen Album präsentieren Giuda glitzer- und paillettenbesetzten Punk mit rosaroter Retrobrille. Fun Fact für Musiknerds: Die Platte wurde ausschließlich mit analogem Equipment und originalen Instrumenten aus den 70ern aufgenommen. 

Für Fans von: T.Rex, New York Dolls, Slade


Dorothy - ROCKISDEAD, 2016 

Bei Dorothy habt ihr die Wahl zwischen dem etwas ruhigeren, bodenständigeren neuen Album 28 Days in the Valley und dem Banger-Debüt ROCKISDEAD. So oder so liefert Dorothy bei jedem Song dermaßen ab, dass einem nur die Spucke wegbleiben kann, angesichts einer solchen Stimmengewalt. Ihr Organ, insbesondere bei ROCKISDEAD, ist reines Dynamit und zerfetzt jeden Song in seine Einzelteile. Rock is dead? Er war noch nie so lebendig! Die Frau hat Woodstock-Legende Janis Joplin zum Frühstück gegessen - und zwar roh. Begleitet wird sie von fetten Gitarren mit ordentlicher Verzerrung und treibenden Beats, die nach Wilder Westen klingen. Passend dazu schreibt sie empowernde Texte mit feministischen Zügen, die einer Frau* genug Power verleihen, um jeden nervigen Typen mit einer Handbewegung aus dem Weg zu klatschen. Das ist aber nicht ihr einziges Interesse. Auf ihren Social Media Kanälen redet sie offen über psychische Erkrankungen und fordert eine Entstigmatisierung dieser. Rotziger und mit mehr Whiskey und Zigarettenqualm wurden diese Themen nie angesprochen. 

Für Fans von: Fleetwood Mac, Patti Smith, Black Sabbath


Sare Havlicek - Softmachine, 2017 

Durchwühlt schon mal den Kleiderschrank eurer Eltern nach einem weißen Anzug à la John Travolta und schnappt euch die bunten Plateau-Schuhe. Denn was wurde in den Tanzclubs der 70er gespielt? Disco natürlich! Dieses Genre kann vor allem eins: Die Leute zum Tanzen bringen. Und das kann der Slovene Sare Havlicek auch, denn seine Musik klingt, wie eine Discokugel aussieht. Auf seinen Alben wechseln sich moderne Tracks mit starkem House-Einschlag mit fast klassischen Disco-Nummern ab. Das bedeutet: Gefühlvoller Bass-Synthie, etwas Kitsch, ein Hauch Barry White-Flair und unverkennbar moderner Club-Sound. Zusammengearbeitet hat Havlicek übrigens schon mit verschiedenen Größen aus der größtenteils elektronischen Musikszene, darunter sogar Kraftwerk, die als Gründerväter der elektronischen Musik gelten. Sare Havlicek ist ein schönes Beispiel dafür, wie eng Disco mit Techno und vor allem mit House verbunden ist. Ohne Donna Summer keine Daft Punk. Für Fans von: DeadMau5, Daft Punk, Earth, Wind and Fire


Dream Wife - s/t, 2018 

Die drei Britinnen haben einmal die 70er durchkämmt und sich das Beste herausgepickt: Das Make-up und die verspielte Theatralik des Glam Rock, das Glitzer und den Prunk aus der Disco, die widerspenstige Leg-dich-nicht-mit-mir-an-Attitude der Punker. Dream Wife sind ein buntes Graffito mit Blümchen, die sie selbst mit schwarzer Farbe übersprüht haben. Dream Wife sind Instagram mit Wählscheibentelefon. Jung, unverschämt, poppig, punkig, unverkennbar britisch. Nur Krach fabrizieren sie allerdings nicht, auch bodenständigere Indie-Nummern mit frühem 2000er-Vibe schaffen es auf die Platte. Konventionen interessieren sie nicht. Anspieltipp: Let's Make Out. Dort zelebrieren sie die weibliche Sexualität. Als Frauen in der Musik wissen sie, dass sie deutlich in der Unterzahl sind. Die drei Musikerinnen sehen sich als Kämpferinnen für alle Nicht-Männer. Das zeigen sie nicht nur mit ihrer Musik. Für die Produktion des im Juli erscheinenden Albums When You Gonna... haben sie ausschließlich mit Frauen zusammengearbeitet. 

Für Fans von: Talking Heads, The Runaways, David Bowie

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