1 subscription and 2 subscribers
Article

Prozess um Cathy Hummels: An der Grenze zur Schleichwerbung

Cathy Hummels ist eine gefragte Werbefigur. Wegen mutmaßlich ungekennzeichneter Werbung auf Instagram droht ihr eine Strafe.

Die Moderatorin und Spielerfrau Cathy Hummels steht am 11. Februar wegen Schleichwerbung vor dem Landgericht München. Es geht darum, dass sie selbst gekaufte Produkte gezeigt hat und diese nicht als Werbung gekennzeichnet hat. Das Urteil könnte wegweisend für alle Influencer sein.

Stuttgart/München - Dieser Montag wird für „Catherinyyy", wie sich Cathy Hummels auf der Fotoplattform Ins­tagram nennt, wohl nicht so bunt-fröhlich, wie sie üblicherweise ihren Alltag in den sozialen Netzwerken präsentiert. Ein kleiner Eindruck: Allein in den vergangenen vier Wochen hat sie Fotos von sich am Strand in Dubai, von der Fashion-Week in Berlin und aus dem Central Park in New York hochgeladen. Am Montag muss sich die Moderatorin und Frau des FC-Bayern-Fußballers Mats Hummels an eine weniger attraktiv klingende Adresse begeben: Prielmayerstraße 7 in München. Dort sitzt das Landgericht München I - und die 31-Jährige muss dort persönlich erscheinen. Der Verband Sozialer Wettbewerb (VSW) wirft Hummels Schleichwerbung auf Ins­tagram vor. Verliert sie, droht ihr eine Geldstrafe von bis zu einer halben Million Euro - auch wenn die Höchststrafe unwahrscheinlich ist.


Wann ist Werbung Werbung?

Das Verfahren dürfte nicht nur viele von Hummels’ 465 000 Abonnenten interessieren, sondern auch andere Influencer – also Menschen, die in sozialen Netzwerken viele Fans haben und deshalb einen gewissen Einfluss ausüben.Denn bei dem Prozess geht es darum, ob Influencer überhaupt Produkte oder Dienstleistungen ohne Kennzeichnung empfehlen dürfen – oder ob sie selbst dann eine Klage riskieren, wenn sie das Produkt selbst gekauft haben und kein Geld für die Posts fließt. Der VSW und der Verteidiger von Hummels wollen die Entscheidung notfalls vor dem Bundesgerichtshof klären lassen.

Cathy Hummels lädt in der Regel ein bis drei Bilder pro Tag auf Instagramhoch, dazu kommen Storys, also kurze Videos oder Bilder, die nach 24 Stunden wieder verschwinden. In 15 dieser Beiträge habe Cathy Hummels nicht erwähnt, dass es sich um Werbung oder eine „bezahlte Partnerschaft“ handelt, wirft der VSW ihr vor. Vergangenes Jahr stand die 31-Jährige deshalb schon einmal vor Gericht, damals akzeptierte sie eine Abmahnung. Bei den besagten 15 Beiträgen aber sagt Hummels, dass keinerlei Geld geflossen sei, sondern sie sich selbst ein Produkt gekauft und dann die Marke verlinkt habe. So etwas sei ihrer Ansicht nach keine Werbung. „Ich kämpfe für unsere freie Meinung“, schreibt sie auf Instagram und spricht von „Abmahnwahnsinn“.

Den Kaufbeleg vorgezeigt

Die Gerichte urteilten in der Vergangenheit immer wieder unterschiedlich über ähnliche Fälle wie dem von Hummels. Zuletzt errang die Influencerin Vreni Frost einen Teilerfolg: Das Berliner Kammergericht hob eine einstweilige Verfügung für einen Beitrag auf. Frost darf die Webseite eines Pulloverherstellers verlinken, ohne einen der üblichen Hashtags, also Kennzeichnungen, wie #Werbung oder #Anzeige zu verwenden. Frost konnte den Kaufbeleg für einen der Pullis, den sie auf einem Foto getragen hatte, vorlegen. Zudem versicherte sie eidesstattlich, mit dem Unternehmen keine Geschäftsbeziehung zu haben. Bei zwei anderen Fotos bleibt die Verfügung aber bestehen.

An der Debatte über nicht gekennzeichnete Werbung in den sozialen Medien beteiligen sich auch die Landesmedienanstalten. Ihre Leitlinien, wie und wann Beiträge als Werbung gekennzeichnet werden sollten, haben sie nach verschiedenen Prozessen gegen Influencer immer wieder angepasst: Kooperiert ein Influencer mit einem Unternehmen und erwähnt dessen Marken, Dienstleistungen oder Produkte, handelt es sich immer um Werbung. Dabei ist es unerheblich, ob der Influencer bezahlt wird oder er „eine ähnliche Gegenleistung“ erhält. Sofern keine Kooperation mit einem Unternehmen besteht und dessen Produkte selbst gekauft oder gemietet und aus eigener Motivation gezeigt werden, handelt es sich laut der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK) nicht um Schleichwerbung. Die Landesanstalt weist aber darauf hin, dass das Produkt nicht „zu positiv“ dargestellt werden sollte. Den Eindruck, mit dem Posting den Verkauf ankurbeln zu wollen, sollte man vermeiden.

Influencer erreichen die Zielgruppe

Doch warum kooperieren Firmen überhaupt so gerne mit Influencern? „In der klassischen Werbung erreicht man die Massen, über Influencer kann man ganz bestimmte Zielgruppen erreichen. Etwa Menschen, die an Online-Spielen oder an Extremsport interessiert sind“, sagt Maximilian Wellner von der Agentur Adfluencer. Preiswerter ist die Zusammenarbeit mit Influencern für die Firmen in der Regel auch. Die meisten Kampagnen spielen sich laut Wellner etwa zwischen 1000 und 10 000 Euro ab. Influencer, deren Inhalte von sehr vielen Menschen angeschaut werden, könnten auch mal höhere fünfstellige Summen für ein einziges Video verdienen. Und das Geschäft wächst rasant.

700 Millionen Euro wurden 2018 laut einer Schätzung der Marktforscher von Goldmedia durch Influencer-Marketing im deutschsprachigen Raum umgesetzt. Der Anteil am gesamten deutschen Online-Werbemarkt, der 2018 7,95 Milliarden Euro umsetzte, ist zwar noch überschaubar. Aber von 2017 auf 2018 stiegen die Umsätze um 20 Prozent. Die Experten von Goldmedia gehen davon aus, dass sich die Branche ähnlich schnell weiterentwickeln und 2020 an der Eine-Milliarde-Euro-Marke kratzen wird. Die Branche sei aber immer noch jung und dynamisch, sagt Stefan Doktorowski, Chef des Bundesverbands Influencer-Marketing: „Deshalb ist es schwer, belastbare Zahlen zu erheben.“

Umwelt? Kein Interesse!

Während Mode-, Sport- oder Beauty-Influencer gut bezahlt werden, ist Umweltschutz und Nachhaltigkeit offenbar weniger wert: Die Hornburgerin Louisa Dellert mit 350 000 Abonnenten auf Instagram nutzt seit zwei Jahren ihre Reichweite nicht mehr für Fitnesstipps, sondern um auf Plastikmüll oder schlechte Tierhaltung aufmerksam zu machen. Nach und nach brach das Geschäft weg. „Früher haben mir die Firmen das Geld hinterhergeworfen. In den vergangenen zwei Monaten habe ich keine einzige Rechnung mehr geschrieben.“ Die 29-Jährige will trotzdem keine Sportartikel mehr bewerben. Aber sie muss sich bald überlegen, wie sie weiter ihre Miete finanzieren kann. Ihre Follower zahlen ihr diese nicht. Geld gibt es nur mit Werbung – wie bei Cathy Hummels.

Original