Die Klausur ist geschrieben, der Professor hat korrigiert, jetzt steht die Note fest. Mit schwitzenden Händen und halb zugekniffenen Augen navigieren sich Studenten durch die Internetseite ihres Fachbereichs, um ihre Note zu erfahren. Während das Verzeichnis der Uni lädt, rasen die Gedanken. Was, wenn die Paukerei umsonst war, der ersehnte Notenschnitt unerreichbar wird?
Es gibt eine gute Nachricht: Auch wenn die Note zunächst eine Enttäuschung ist, die Klausur womöglich nicht bestanden, ist der Kampf noch nicht verloren. Es gibt noch eine letzte Chance: die Möglichkeit der Klausureinsicht, die Studenten Gelegenheit gibt, falsch angestrichene Fehler aufzuspüren.
Doch Achtung: Die Einsichtszeit ist oft kurz. Ein Wirtschaftswissenschaftsstudent der TU Dortmund berichtete, dass in seinem Studiengang für Klausureinsichten generell nur zehn Minuten angesetzt sind. Die Anspannung bei der Einsicht von "Werkstoffkunde 2" sei für ihn unerträglich gewesen, überall wurden Taschenrechner gezückt, um die Aufgaben schnell noch einmal nachzurechnen.
Der Student dachte, einen Korrekturfehler gefunden zu haben, doch die wissenschaftlichen Mitarbeiter ließen sich nicht überzeugen. Mit einem Fingerzeig auf ihre Musterlösungen bemerkten sie nur, dass seine Kommilitonen das schließlich auch hinbekommen hätten. Nervös habe der Student versucht, in seinen zerknitterten Lernzetteln das entsprechende wissenschaftliche Modell zu finden, schon hörte er: "Die Zeit ist rum!" Er trottete frustriert zum Ausgang. War's das mit der Hoffnung auf eine bessere Note?
Nicht unbedingt. Eine nicht repräsentative Umfrage unter 100 Studenten an zehn Unis in NRW hat gezeigt: Einige kämpfen um bessere Noten - und sind dabei häufig erfolgreich. Rund ein Viertel hat mindestens schon einmal über eine Note verhandelt, davon konnten 80 Prozent ihre Note verbessern. Mit der richtigen Vorbereitung, ein bisschen Verhandlungsgeschick und dem rechtlichen Know-how kann die Geschichte doch noch gut ausgehen.
Prüfer können danebenliegen
Selbst für überzeugte Auf-Lücke-Lerner, die von gelegentlichen schlechten Noten nicht überrascht sein dürften, lohnt sich ein Blick in die korrigierte Prüfung. Prinzipiell hat man das Recht, zu allen verwaltungsrechtlichen Vorgängen, die die eigene Person betreffen, Einsicht in die entsprechenden Akten zu nehmen - und darunter fallen Prüfungen an der Uni.
Den festen Termin zur Klausureinsicht sollte man auf keinen Fall versäumen. An vielen Fachbereichen muss man sich schriftlich oder online für die Einsicht anmelden. Viele Fachbereiche bieten sogar mehrere Einsichtstermine an. In der Regel hat man etwa 15 Minuten Zeit, normalerweise richtet sich die Dauer der Einsicht aber nach dem Prüfungsumfang. Wer meint, einen Korrekturfehler gefunden zu haben, kann sich an die wissenschaftlichen Mitarbeiter oder direkt an den Professor wenden, je nachdem, wer Aufsicht führt.
Gute Professoren tun sich nicht schwer damit, ihre Korrekturfehler einzuräumen. Bei rund einem von zehn Beschwerdefällen müsse er zugeben, dass er sich bei der Korrektur geirrt habe, sagt Walter Krämer, Professor für Wirtschafts- und Sozialstatistik an der TU Dortmund.
Lösungswege können Teilpunkte bringen
Um bei der Klausureinsicht erfolgreich zu verhandeln, muss man allerdings im Prüfungsthema fit sein. Wer die Hälfte des Stoffes wieder vergessen hat, wird sich kaum gegen die Profs durchsetzen. Auch wenn die Klausur schon Monate her ist und man froh war, den Formel-Wust aus seinem Kopf löschen zu können: Vor der Einsicht muss das Wissen noch mal aufgefrischt werden.
Vor allem Lösungswege von längeren Rechenaufgaben können Punkte einbringen, auch wenn die Lösung an sich falsch ist. Laut Bundesverwaltungsgericht müssen Teilpunkte vergeben werden, wenn man zumindest eine gewisse Kenntnis auf dem Sachgebiet und einen schlüssigen Gedankengang erkennen lässt.
Immer schön freundlich bleiben
Wenn der Professor uneinsichtig bleibt, kann man sich noch auf die Remonstration berufen, also die Klausur noch mal korrigieren lassen. Prüfer sind rechtlich dazu verpflichtet, Klausurbewertungen zu überdenken, wenn Studenten ihre Zweifel an der Note gut begründen können.
Die Remonstration muss in schriftlicher Form sachlich argumentieren, warum man die Bewertung für falsch hält. Wichtig: Die Frist für die Remonstration muss unbedingt eingehalten werden. Sie wird nach der Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse vom jeweiligen Fachbereich mitgeteilt.
Keinesfalls sollte man gleich mit dem Anwalt drohen - zuvorkommende Freundlichkeit ist angesagt. Am besten sucht man ein Gespräch unter vier Augen, das auf Fakten statt auf utopischen Forderungen basiert. Und wenn es doch hart auf hart geht: "Bevor sich ein Hochschullehrer durch ein Gerichtsverfahren Ärger einholt, lässt er sich wahrscheinlich eher auf eine Verhandlung ein", sagt Michael Hartmer, Geschäftsführer des Deutschen Hochschulverbandes. Auch wenn die Situation unangenehm scheint, sollte man sich nicht zu schnell abwimmeln lassen.