Hunderttausende protestieren in der Ukraine gegen die Regierung. Unzählige stehen auf für ein Leben ohne Waffengewalt in den USA. Das sind Bilder, die im Gedächtnis bleiben, Momente der Konfrontation. Mit Demonstrationen machen Menschen ihrem Ärger Luft. Aber was bringt es eigentlich, auf diese Weise Dissens zu zeigen? Zum Sinn von Demonstrationen.
Im Jahr 2009 untersuchten Harvard-Wissenschaftler den Aufstieg der erzkonservativen Tea Party-Bewegung und ihren Zusammenhang mit den darauffolgenden US-Zwischenwahlen. Die Bewegung hatte ihre Offensive mit Großkundgebungen am 15. April begonnen, jedoch in verschiedenen Städten unter unterschiedlichen Voraussetzungen: Mancherorts regnete es, während andernorts die Sonne schien. Die Wissenschaftler zeigten, dass in sonnigen Orten mehr Menschen die Tea Party-Demonstrationen besuchten, in den sozialen Medien mehr für ihre Positionen warben und die Abgeordneten daraufhin wesentlich konservativer abstimmten als dort, wo es geregnet hatte. Das werteten die Wissenschaftler als Indiz dafür, dass Straßenproteste einen direkten Einfluss auf die Politik haben können.
Ein ähnlicher Zusammenhang ließe sich wohl zwischen Pegida und der verschärften Rhetorik deutscher Politiker beim Thema Migration feststellen. Wäre die Frage, ob der Islam zu Deutschland gehört, ohne Pegida zu einem raumgreifenden politischen Diskussionspunkt geworden? Wäre Horst Seehofer Innenminister und Herr über ein Heimatministerium? Straßenproteste können ohne Frage einen großen politischen Einfluss haben. Wie aber ist der zu erklären? Und: Wenn ich auf die Straße gehe, kann ich dann mit Veränderungen in meinem Sinne rechnen? Peter Ullrich ist Soziologe am Zentrum für Technik und Gesellschaft der Technischen Universität Berlin und beschäftigt sich dort mit sozialen Bewegungen, Protest und Demonstrationen. Fragen wir ihn.
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