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Biathletin Mäkäräinen: Die ewige Jägerin


Seit 14 Jahren mit dabei: Kaisa Mäkäräinen ist aus dem Biathlon-Weltcup kaum wegzudenken. Im Sommer dachte die 36-Jährige noch an ein Karriereende, jetzt gehört sie bei der Weltmeisterschaft in Östersund zu den Favoritinnen.

Das größte Problem von Kaisa Mäkäräinen war lange nur wenige Millimeter breit. Ihr Ringkorn, ein winziger Teil der Zieleinrichtung am Gewehr, war schlicht zu groß. Darunter litten ihre Schießergebnisse, insbesondere im Liegen. Mäkäräinen selbst hatte diesen Nachteil nie bemerkt, erst als 2010 ein neuer Trainer kam, wurde das Ringkorn ausgetauscht. Danach lief es besser, sogar viel besser: Die Finnin gewann 2010 ihren ersten Weltcup in Östersund.

In dieser Woche ist Mäkäräinen nach Östersund zurückgekehrt, nicht wegen eines Ringkorns, aber für ihre mittlerweile zwölfte Biathlon-Weltmeisterschaft. Eine erstaunliche Anzahl selbst für eine Biathletin. Mäkäräinen ist eine dieser Athletinnen, die in den Köpfen haften bleibt, weil sie seit Jahren an der Weltspitze läuft und immer noch erfolgreich ist.

Weltmeisterschaft sticht Vorlesungen

Mäkäräinen wohnt in Joensuu, etwa 20 Kilometer von Kontiolathi entfernt, studiert dort Physik und Mathematik auf Lehramt. 2003 schwänzte sie eine Woche lang ihre Vorlesungen, um die Biathlon-Weltmeisterschaft in Chanty-Mansijsk im Fernsehen zu verfolgen. Damals war Mäkäräinen bloß Langläuferin, eine Unbekannte im finnischen Wintersport. Nach der WM, die sie so begeisterte, wechselte sie mit 20 Jahren in den Biathlon. Acht Jahre später gewann sie in Chanty-Mansijsk ihren ersten Weltmeistertitel: "Danach wussten die Finnen endlich, dass Biathlon existiert und eine von ihnen darin ganz gut ist", sagt Mäkäräinen.

Als Biathletin stand sie häufig im Schatten anderer Sportarten. Eishockey und Skispringen dominieren in Finnland, erst durch Mäkäräinen wuchs das öffentliche Interesse. Im Jahr ihres WM-Erfolgs wurde sie "Sportlerin des Jahres" in Finnland, die erste Biathletin mit dieser Auszeichnung. "Der Biathlon ist in den letzten Jahren in Finnland wirklich gewachsen, darauf kann ich stolz sein", sagt sie. Lange musste sich Mäkäräinen vieles selbst erarbeiten. Mangels geeigneter Partner trainierte sie alleine, zeitweise sogar mit der deutschen Mannschaft, umso beeindruckender sind ihre Erfolge heute.

Noch mit Uschi Disl am Schießstand

26 Weltcups, sechs WM-Medaillen und drei Gesamtweltcups hat sie gewonnen. Der WM-Titel in Chanty-Mansijsk ist ihr bisher größter Erfolg bei einem Großereignis. In gewisser Weise symptomatisch, denn obwohl man dieser Frau vieles zutrauen mag, sind ihre großen Erfolge bei Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen überschaubar. Gerade Olympia ist ein kahler Fleck in ihrer Vita: Ihr bestes Einzelergebnis war ein sechster Platz im Massenstart. Dass sie noch eine Chance bekommt, eine olympische Medaille zu ergattern, ist unwahrscheinlich.

Mit 36 Jahren ist Mäkäräinen eine der ältesten Biathletinnen im Feld. Sie stand noch mit Uschi Disl und Tora Berger am Schießstand, die ihre Karriere längst beendet haben. Mäkäräinen ist geblieben. Sie will weitermachen, eine oder zwei Saisons noch, sagt sie, obwohl sie im Sommer noch anders dachte: Das Karriereende stand im Raum.

Dieser Gedanke an ein Ende kam nach ihrem dritten Gesamtweltcup-Sieg 2018. Mäkäräinen machte Urlaub: Erst in Lappland, dann in Thailand. "Nach der ersten Woche war ich sehr entspannt und habe gedacht: Es ist so schön, hier zu sein und nicht über Biathlon nachzudenken", sagt sie. In der zweiten Woche habe sie dann überlegt, ob sie wirklich mit dem Sport weitermachen will. Ihre Entscheidung verkündete die Finnin per Video auf Instagram: "C U next season" schrieb sie in einen Sandstrand.

Zur Weltmeisterschaft in Form

Ihre Klasse ist nach wie vor unumstritten. Seit Jahren gehört Mäkäräinen zu den besten Läuferinnen im Feld. Bis zur Saison 2017/18 holte sie in 58 Rennen die schnellste Laufzeit und war in 150 Einzelrennen unter den drei schnellsten Athletinnen. Das Laufen ist ihre große Stärke, ihre Schwäche liegt im Schießen. "Meine Trefferquote ist nicht so hoch, wie ich mir das vorstelle," sagte sie mal, da war sie schon eine gestandene Biathletin. Ihre Leistungen im Schießen schwanken, ihr Ehrgeiz nicht. Dass sie aber mit der jüngeren Konkurrenz noch mithalten kann, bewies sie zu Saisonbeginn.

Sie gewann zweimal den Weltcup in Pokljuka, einmal in Hochfilizen. Nur ihre Form kann sie nicht mehr über eine ganze Saison konservieren. Nach dem guten Start fiel sie in ein Loch, wurde 58. in Nove Mesto, 44. in Oberhof. Auch wenn man es sich nicht vorstellen konnte, aber der Körper von Kaisa Mäkäräinen funktioniert nicht mehr wie mit 25 Jahren, wie sie sagt. "Im Laufe der Jahre habe ich akzeptiert, dass es Höhen und Tiefen gibt," sagt die Finnin. Nach ihrem Tief scheint ihre Form wieder anzusteigen. In den letzten beiden Weltcup-Rennen stand sie auf dem Podest. Mäkäräinen ist wieder mal rechtzeitig in Form gekommen.


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