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Stelldichein mit YouTubern: Merkel burnt sie alle

Wie schon beim viel diskutierten LeFloid-Interview vor zwei Jahren hat man gemerkt, dass das Interview eine Merkel-Show war. Die gewollt journalistischen Fragen beeindruckten Merkel kaum und wurden mit dem typisch unkonkreten und zum Teil widersprüchlichen Merkel-Geschwafel beantwortet. Als Alexi Bexi Merkel nach dem Diesel-Gate fragte, folgte erst eine technische Antwort über Real Drive Emission Tests. Spätestens jedoch, als die Kanzlerin auf Fahrräder zu sprechen kam und den Satz „Ich will ja keine Produktwerbung machen, aber es gibt auch gute deutsche E-Bikes" raushaute, merkte man dass sie diese Frage nicht wirklich ernst nahm.

Für Merkel waren die vier YouTuber leichte Gesprächspartner und sie wusste die Lacher häufig auf ihrer Seite. Wenn ItsColeslaw rumjammerte, dass sie im Abi eine schriftliche Mathe-Prüfung machen musste, entgegnete Merkel trocken: „Sein Sie doch froh, dass sie in Bayern Abi gemacht haben." Und als Ischar Isik stolz sagte, dass es ihr erstes Interview gewesen war, meinte die Kanzlerin nur: „Aha. Sonst machen Sie nur Selbstdarstellung?"

Sicherlich waren einige Fragen persönlich und relevant, doch bei vielen hat man gedacht: Interessiert das wirklich jemanden, der nur Merkel als Bundeskanzlerin kennt? Man hätte sich etwas zur Cannabis-Legalisierung gewünscht, stattdessen gab es etwas zu den „Meinungsverschiedenheiten" zwischen der Kanzlerin und Trump. Braver hätte ein 50-jähriger ARD-Reporter nicht fragen können.

Zur Verteidigung der YouTuber muss man sagen, dass es auch ein paar mutige Fragen gab. Man hätte von einer Mode-YouTuberin wie Ischar Isik vielleicht nicht erwartet, dass sie Merkel fragt, wie es sei, mit den „größten Machos in der Politik zusammenzuarbeiten". Doch statt kritisch nachzufragen, ließen sich die Fragesteller von den allgemeinen Phrasen der Kanzlerin einlullen. Ein Atomkrieg? Den muss man nicht befürchten. Mutti Merkel kümmert sich darum, dass es allen gut geht und alles so bleibt, wie es ist.

Letztendlich hatten die vier YouTuber gegen den Interview-Profi, der seit zwölf Jahren an der Macht ist, keine Chance. Vielmehr konnte die Kanzlerin die Fragen, wie schon bei LeFloid, gut zur eigenen Profilierung nutzen. Frei nach dem Motto: Wählt ruhig mich, dann geht's allen so gut wie bisher - auch wenn wir da draußen einen Putin, Trump oder Erdoğan haben. Am Ende war Merkel von allen YouTubern die Beste.

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