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Generation Z: Uns eint die Panik

Die Welt steht uns offen, heißt es. Wir Abiturienten könnten beruflich doch alles machen, heißt es. Der Arbeitsmarkt gebe das her, heißt es. Fachkräfte seien rar und keine andere Generation sei so gut ausgebildet, technikaffin und weltoffen aufgewachsen wie wir. Generation Z werden wir genannt. Und wir werden in den Medien mit Zuschreibungen konfrontiert, bei denen wir uns fragen: Stimmt das eigentlich?

Die meisten von uns sind nur noch zwölf Jahre zu Schule gegangen. Wir sind mit Smartphones und sozialen Netzwerken aufgewachsen. Und waren oft das i-Tüpfelchen im Leben unserer Eltern, die oft wie Helikopter um uns kreisten. Jetzt verlassen wir die Schule und sollen raus in die große Welt, auf den Arbeitsmarkt. Und die vermeintliche Freiheit fühlt sich wenig befreiend an.

Schon Monate vor dem Abschluss haben wir uns gegenseitig gefragt: "Und? Was machst du nach dem Abi?" Aber die meisten hatten keine Antwort darauf. Nicht zuletzt auch, weil der Arbeitsmarkt tief im digitalen Wandel steckt und Europa von einer Krise nach der nächsten erschüttert wird. Niemand weiß, ob Europa in dieser Form eine Zukunft haben wird, ob der Euro stabil bleiben wird oder welche Branche wirklich Zukunft hat. Eltern, Lehrer, ältere Geschwister - alle sind tief verunsichert und können uns keine Antwort darauf geben, was denn "ein sicheres Ding" sei.

Schule - das war ein sicheres Ding mit verständlichen Regeln. Eine überschaubare Welt. Wir lernten, wie man Analysen von Goethe-Gedichten und Erörterungen romantischer Kunstmärchen schreibt. Wie man Geraden durch Kugeln schießt. Oder wie man lateinische Texte übersetzt und das Versmaß derselbigen bestimmt. Wir wussten: Wenn die Noten ausreichen, ist die Versetzung nicht gefährdet. Und wir lernten auch, dass es sich lohnen kann, sich reinzuhängen - weil man dann mit einer guten Note belohnt wird.

Gütesiegel Abitur

All dieses überschaubare Wissen wird nun auf einem Stück Papier in Form einer Durchschnittsnote qualitativ für den Arbeitsmarkt erfasst. Ähnlich einem Lebensmittelsiegel, dass einem im Supermarkt die Qualität eines Produktes anzeigt. Und der Personaler steht dann vor dem Regal und grabbelt sich die Sachen mit dem besten Prädikat raus, während die mit dem schlechten in der Ecke vergammeln dürfen. Aber reicht ein Abitur-Gütesiegel wirklich, um in der realen, global vernetzten Arbeitswelt bestehen zu können oder überhaupt Fuß fassen zu können? Wie gelingt uns der Übertritt aus der überschaubaren Schule in diese neue, unbekannte Welt, die den Älteren Sorgenfalten auf die Stirn treibt?

Johann Stephanowitz

Johann Stephanowitz machte 2016 Abitur in Berlin und sammelte erste journalistische Erfahrungen als Chefredakteur einer Schülerzeitung, beim Tagesspiegel, Politik Orange und im Vorstand der Jungen Presse Berlin.

Das Konzept einer modernen Schule ist, dass man das Lernen lernt. Doch Fakt ist, dass die Schule einen nur wenig auf das Leben in einer digitalen Gesellschaft vorbereitet. Die Methoden des Unterrichtens haben sich nur wenig verändert. Und in Sachen Zukunftsorientierung haben die meisten weiterführenden Schulen wenig zu bieten. Es gibt vielleicht ein Betriebspraktikum und Schüler lernen, wie man eine Bewerbung schreibt - aber das hilft wenig, um die Antwort auf zentrale Fragen zu finden: In welche Richtung soll es gehen? Und welche Richtung bietet überhaupt eine Aussicht? Und wie wird es mit dieser Welt weitergehen?

Die naheliegende Antwort, die uns auch von Eltern und Lehrern eingebläut wird, lautet dann: Geh erst einmal studieren. Das würde ein gutes Einkommen und Aufstiegschancen bedeuten - und bessere Chancen generell im digitalen Wandel in einer globalisierten und von Krisen gebeutelten Welt.

Mag sein, dass dies in absoluten Zahlen auch stimmt, denn ein Akademiker verdient nach Angaben des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 2,3 Millionen Euro in seinem Berufsleben. Das ist immerhin fast das Doppelte von dem, was ein Facharbeiter mit einer Berufsausbildung erwirtschaftet - er kommt im Berufsleben nur auf 1,3 Millionen Euro. Aber wenn der "Bachelor zum Regelabschluss wird", wie es im Bundesbildungsbericht heißt, sinken auch die Chancen von allen anderen Akademikern nach einem gut bezahlten Job.

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