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Atlas des Möbeldesigns: Bilderbuch der Stilgeschichte - DER SPIEGEL - Stil

Die Armlehnstühle, die Napoleon in den ersten Jahren des 19. Jahrhunderts für Schloss Laeken bei Brüssel bestellt hatte, wirken nicht besonders modern. Eher historisierend, eine Kopie antiker römischer Bronzestühle, verziert mit Goldlack und Trompe-L'oeil-Malereien. Doch der Schein trügt. Der belgische Hoftischler Jean-Jospeh Chapuis kam 1805 mit einer innovativen Meisterleistung ins Chateau.

Um die gekrümmte, filigrane Formensprache der Römer nachahmen zu können, musste der Furnierexperte mehrere Holzschichten verbinden und biegen. Die Schichtverleimung war damals eine vollkommen neue Technik und Chapuis gehörte mit zu ihren Erfindern. Als solcher steht er heute im "Atlas des Möbeldesigns", ein ebenso wichtiges wie wuchtiges Werk zur Möbelgeschichte der Moderne.

Von Chapuis ist es nicht weit bis zu Michael Thonet, der ab den 1830ern damit experimentierte, Holz unter Druck und Wasserdampf zu formen. Der Deutsche brachte die Herstellung von Bugholzmöbeln zur Serienreife und gilt als Pionier der modernen Massenmöbel.

Ohne diese Handwerkskunst und den Erfindungsreichtum wären Entwürfe wie Martino Gampers "Monothrone" kaum vorstellbar: mehr Konzeptkunst als Gebrauchsmöbel - und Schlusspunkt des im November erschienenen Referenzwerks.

Zwischen Napoleons Stühlen und Gampers Monobloc-Designs mit Bugholzrücken liegt ein mehr als 1000 Seiten langer Spaziergang durch mehr als 200 Jahre Möbelgeschichte. Gegliedert in vier Epochen führt er vorbei an vielen alten Bekannten.

Die Klassiker der Bauhaus-Meister Breuers und van der Rohe, die legendären Eames-Entwürfe, Alvar Aaltos erste Holzmodelle aus den frühen Dreißigerjahren und die Nachkriegsentwürfe großer Dänen wie Arne Jacobsen oder Finn Juhl. Auch das deutsche Design der Nachkriegszeit kommt zu seinem Recht - etwa mit dem "Ulmer Hocker" von Max Bill und Hans Gugelot oder Dieter Rams' Regalsystem 606.


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