„Und das soll wirklich jemand lesen wollen?", Oma blickt durch ihre trübglasige Goldrandbrille. Gerade habe ich ihr eröffnet, dass aus diesem Blog „Hegestufe II" ein Buch werden soll. Ein Buch über Oma und Opa, das Altwerden, Kranksein und das Liebhaben. Das Internet, von dem hat Oma schon mal gehört und es auch schon mal ausprobiert mit mir zusammen, das ist irgendwie okay und irgendwie weit weg - in ihrer Welt hat das Gedruckte Gewicht. Überall in der Wohnung türmen sich größere oder kleinere Bücherstapel auf, meistens Thriller.
Ein Buch also.
Einer der Gründe, warum ich in jüngster Zeit nicht zum Bloggen kam. Von den kleinen und großen Sorgen um Oma, die in absehbarer Zeit zur Dialyse muss und dauernd Blasenentzündungen hat und Opa, der aus dem Bett fiel und sich eine dicke Beule einhandelte, mal abgesehen.
Es wird nicht mein erstes Buch sein, sondern mein zweites - das macht es aber nicht weniger herausfordernd. Im Dezember soll ich ein fertiges Manuskript abgeben, das diesmal nicht meine Geschichte erzählt, sondern die der zwei wichtigsten Menschen in meinem Leben. „Schreib' bloß keinen Scheiß", hat Opa gesagt. Ich werde mich bemühen.
„Dann sind wir nicht mehr anonym", sagt Oma, ihre Hände auf dem weißen Plastiktischset zusammengefaltet.
„Findest du das schlimm, Omi? Sag's ehrlich." Ihr Blick ruht auf ihren arbeitsmüden, schmerzenden Händen. Neuerdings hat sich Gicht in die beeindruckend lange Liste ihrer Diagnosen eingereiht.
„Nein, nein. Nicht mehr. Mach' das mal, Kind. Schreib' auf, wie das ist - das alt werden, das Lebensende." Sie legt ihre Hand auf meine und zwinkert. Dann sagt sie einen Satz, der augenblicklich mein Herz umklammert und nicht mehr loslassen wird:
„Wenn Opa und ich in einem Buch drin sind, dann können wir niemals sterben."