Schließen Sie die Augen.
Denken Sie an das Thema Datensicherheit.
Was sehen Sie?
Wenn Sie jetzt "David Hasselhoff" sagen, ist das knallhart geschummelt.
Die re:publica 2014 steht im Zeichen der Datensicherheit und der Frage, wie wir nach dem NSA-Skandal weitermachen. Das hat mit David Hasselhoff so viel zu tun wie "I've Been Looking For Freedom" mit dem Mauerfall.
Ich hatte mich vor der #rp14 entschieden, genau dieser Merkwürdigkeit auf den Grund zu gehen und nebenbei das Idol meiner Jugend zu treffen. Doch was am Ende geschah, hätte ich mir nicht mal ausdenken können.
Ich lande auf der Suche nach David Hasselhoff gegen Mittag vor der "Jazz Bar", in der es eine Pressekonferenz mit Hasselhoff geben soll. Nach zehn Minuten Wartezeit winkt mich der Türsteher rein. Ich orientiere mich noch, da rauscht er auch schon an mir vorbei. Groß, im dunklen Anzug mit rotem Einstecktuch. "Buon Giorno", wirft er mit seiner tiefen Stimme in den Raum. Er ist es wirklich: Michael Knight, Mitch Buchannon, David Hasselhoff.
Ich blicke ihm nach, wie er im Backstagebereich hinter der Theke verschwindet. Dann schlängele ich mich durch Kamerateams zu einer Ledercouch. Die kleine Bar ist voll mit Journalisten. Mikko Hyppönen hält einen Vortrag über das Produkt seiner Firma F-Secure. Er trägt den gleichen Anzug wie David - inklusive Einstecktuch. Man kann als Unternehmen auf der re:publica Bühnen und Zeit kaufen. Man kann Prominente als Testimonials kaufen. So machen es Firmen wie F-Secure. Ob das clever ist, ist eine andere Frage.
Wir erfahren, warum man sich für David Hasselhoff als "Freedom Ambassador" entschieden hat: "He is a guy, who fought all of his life for freedom." Verdutztes Schweigen. "He knows how it feels to lose privacy. Everything he does gets postet online. He has no privacy." Da ist was dran. Das Video, in dem der alkoholkranke Hasselhoff volltrunken einen Cheeseburger zu essen versucht, ging 2007 um die Welt.
Mikko Hyppönen und seine Kollegen sprechen über ihr Produkt. Eine App, die einfach bedienbare Sicherheit verspricht. Cloudservice ohne Hintertüren. Segmentierte Architektur, Content und Metadaten getrennt. Alles verschlüsselt. Und das einzige, was gescannt werden soll, sind Viren.
Doch die Mehrheit wartet einfach auf The Hoff. Genau darum hat die Firma sich und auch der re:publica keinen echten Gefallen mit dem Engagement Hasselhoffs getan. Ja, er generiert Aufmerksamkeit. Große. Allerdings für seine Person. Das nervt, so höre ich immer wieder, einige Besucher der #rp14. „Ich verstehe echt nicht was das soll. Da feiern doch nur lauter Leute ihre Kindheit ab." Ich fühle mich ertappt.
Gut eine halbe Stunde später schreitet David Hasselhoff durch das Klicken der Kameras nach vorn. Es entspinnt sich ein gescripteter Dialog zwischen ihm und Hyppönen, der stark an überzogene US-Fernsehwerbung erinnert. „Sag' mal David, was hältst du von...?" "Oh ja. Das ist sehr wichtig, weil..."
Nach diesem kleinen Theaterstück dürfen die Journalisten Fragen erwartbare Fragen stellen. Natürlich muss Hasselhoff auch über das Cheeseburger-Video sprechen. Es ist ja der einzige halbwegs plausible Grund für sein Auftauchen.
I've tried everything to take it offline (...) How do you do that? Delete something that's on the internet? It was impossible."
Es wäre für seine Familie viel schlimmer gewesen als für ihn selbst, seiner Tochter habe es das Herz gebrochen. "I was hacked", sagt David in dem Versuch einer Legitimation seines heutigen Auftritts. Inzwischen hätten eben die NSA, Behörden und Konzerne Zugriff auf alles, was wir tun. Auf Finanzen, Fotos, unser Leben. Das sei keine gute Sache, konstatiert The Hoff.
Auf die Frage, ob er irgendwas zu verbergen habe, erwidert Hasselhoff halb scherzend: "Yeah, my body." Er ist alt geworden und spricht darüber, dass es ihm nicht immer angenehm sei, ständig fotografiert zu werden. Oder dass die Menschen ihn doch bitte vorher fragen mögen. Daran halte ich mich, als ich mit ihm zum Abschluss ein obligatorisches Selfie mache.
Auf der vollen Keynote um 16:15 Uhr führen der Finne und der Hoff fast den gleichen gescripteten Dialog wie in der Pressekonferenz auf. Als Mikko Hyppönen sagt "He fought all of his life for freedom" schweigt das Publikum aber nicht, sondern lacht. David Hasselhoff mag für große Posen stehen - ein großer Freiheitskämpfer ist er nicht. Das weiß er auch selbst: "I didn't have anything to do with the wall coming down. I just sang a song."
Neben der App Freedome geht es F-Secure auch um ein Manifest zum Thema Datensicherheit, das auf einer eigens dafür eingerichteten Website gemeinschaftlich verfasst und an führende Regierungs-Chefs weitergeleitet werden soll. Das Cloud Storage System sei nicht sicher in Ländern, die Privacy nicht respektieren.
Und dann kommt sie, die zwangsläufige Frage aus dem erwartungsvollen Publikum: „Mr. Hasselhoff, can you sing your song?" Er entgegnet das startypische Nein, nein. Ich bin gar nicht vorbereitet blabla.... Und dann sagt er, auf den Finnen deutend: "He told me not to sing, because he wants this to be serious." Gelächter.
Denn dann sollte man - mit Verlaub - vielleicht nicht ausgerechnet David Hasselhoff als Testimonial engagieren. So nicht, findet auch das Publikum und fängt rhythmisch an zu klatschen. David Hasselhoff wiegelt jovial ab: "Next time, next time."
Plötzlich merke ich, wie die Stimme meines 11-jähriges Ichs die Kontrolle übernimmt und durch den Saal der Stage 1 singt: "ONE MORNING IN JUNE, SOME 20 YEARS AGO..." Was zur Hölle passiert hier? Doch dann singt er. David Hasselhoff intoniert die ersten Takte von "I'v e Been Looking For Freedom". Und nimmt - völlig zu Recht - das Publikum in die Mitsing-Pflicht. Alle zufrieden. Bis auf den Finnen vielleicht, da bin ich mir nicht sicher.
Ich denke, David Hasselhoffs Engagement auf der re:publica lässt sich ganz gut so zusammenfassen:
"I can't stop people from taking pictures of me (...) So I just try to give a good show."
Man hätte es wissen können.