Mein Gott, macht das Internet uns das Leben leicht. Jetzt sind es nur noch zwei Klicks bis zur Vergebung. Häkchen setzen, die Schaltfläche anklicken, auf der steht: „Ich habe gesündigt und bereue". Und dann gehe das - sozusagen - „direkt in den Himmel", sagt Hartmut Landwehr. Der 56-jährige Programmierer betreibt mit der Seite www.beichte.de ein Portal für virtuelle Vergebung. Er nennt das, was er tut, die „Digitalisierung eines Sakraments". Natürlich könne er selbst nicht in die Wege leiten, dass all die Sünden vergeben würden, räumt Landwehr ein. „Aber die Leute sitzen dann vor dem Apparat und denken darüber nach, was sie alles getan haben. Und so wird der Herr ihnen wohl vergeben." Etwa dem anonymen User, der auf www.onlinebeichte.net gesteht: „Lieber Gott, bitte verzeih mir, ich habe meine verhassten Nachbarn heimlich bei der GEZ angemeldet." Oder dem Sünder, der einräumt: „Ich bin Busfahrer und spreche die Namen der Bushaltestellen absichtlich falsch und undeutlich aus." Dabei ist klar: ohne Beichtvater keine Beichte. Und ohne Priester kein Sakrament. Im Vatikanbericht „Kirche und Internet" von 2002 heißt es zwar, Katholiken sollten sich „nicht scheuen, die Türen der sozialen Kommunikationsmittel für Christus aufzustoßen", gleichzeitig stehe aber fest, dass „die virtuelle Realität kein Ersatz für die wirkliche Gegenwart Christi" sei. Eine offizielle Online-Beichtseite bietet die Kirche nicht an. Dabei wird die Beichte to go immer beliebter. Etwa 140 000 Smartphone-Nutzer haben sich die App von Beichthaus.com, dem nach eigenen Angaben größten deutschen Sündenerlass-Portal, heruntergeladen. Wer mindestens 17 Jahre alt ist und in seinem Bericht keine Personendaten verrät, dem genügt etwas Fingerwischen statt des Kreuzschlagens.
Angeblich bis zu 100 Beichten bekommt der Gründer der Seite, Robert Neuendorf, täglich von Fremdgehern, Verkehrsrowdys und Bürofieslingen zugeschickt. „Viele Beichten sind so weit unter der Gürtellinie, dass wir bloß zehn Prozent veröffentlichen können", sagt der 34-Jährige. Die User, die die Verfehlungen kommentieren, bleiben anonym. So wie „Honigbienchen", die über einen Sünder urteilte, der einer übergewichtigen Frau im Bus ein Cent-Stück in die frei liegende Po-Ritze gesteckt haben will: „Sorry, in meinen Augen bist du einfach nur ein unreifer Vollidiot."