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Kehrt der Feudalismus zurück?

Ein düsteres Bild der Zukunft: Der weißrussische Publizist Evgeny Morozov ist in seiner Keynote beim Zündfunk Netzkongress wenig optimistisch. Technologie-Riesen wie Google und Facebook könnten uns bald völlig kontrollieren.

Google, Facebook und Co. schöpfen von uns allen täglich wertvolle Daten ab. Dadurch bauen die Technologie-Konzerne ihre Monopolstellung aus. Am Ende entsteht ein neuer Feudalismus - so lautet die Kernthese von Evgeny Morozov.

Aber wie sieht dieser "neue Feudalismus", wie ihn der gebürtige Weißrusse Evgeny Morozov beschreibt, konkret aus? Jedes Mal, wenn wir auf Google suchen oder auf Facebook Inhalte teilen, findet eine Art Handel statt. Wir lassen Werbebanner zu und dürfen dafür kostenlos die immer besser werdenden Dienste der Technologiekonzerne nutzen. Eigentlich ein guter Deal, denken wir?

Die Firmen kassieren doppelt ab

Für Morozov liegt aber genau darin das Problem: Denn die Firmen gewinnen viel mehr als nur das Anzeigengeld, das sie durch unsere Klicks verdienen. Sie kassieren zweimal ab. Immer, wenn wir unsere Datenspuren hinterlassen, werden ihre Algorithmen intelligenter und machen menschliche Arbeit zunehmend überflüssig. So kann am Ende kein Wettbewerber mithalten. Das führe am Ende soweit, dass sogar Regierungen und Kommunen ihre öffentlichen Einrichtungen gegen Gebühr an Uber und Co. abgeben, ohne jedoch Hoheit über die Schlüsselressource Daten zu bekommen. So würden sich am Ende alle Menschen in eine Abhängigkeit begeben, die feudale Züge habe.

Diese feudalen Strukturen, wie sie Evgeny Morozov prognostiziert, sind inzwischen schon real. Drei Beispiele:

1. Airbnb

Die Plattform Airbnb ermögliche es, Haus- und Wohnungsbesitzern durch Vermietung von Zimmern und Wohnungen zu verdienen. Das ist auch für Morozov zunächst einmal nichts Schlechtes. Es führe aber dazu, dass Großspekulanten ihre Immobilien nicht mehr an Langzeitmieter vermieteten, sondern lieber kurzfristig an Touristen. Folge: Extreme Preissteigerungen für Wohnraum. Morozov geht davon aus, dass in Barcelona mittlerweile 40 Prozent des innerstädtischen Raums im Besitz von Spekulanten sind.

2. Uber

Seit 2009 greift das Unternehmen Uber Taxifirmen und öffentlichen Transport durch subventionierte Niedrigpreise für ihre Kunden an - auch mit dem Ziel, die etablierten staatlichen und kommunalen Transportunternehmen aus dem Markt zu drängen. Ein Beispiel dafür hat Morozov in Florida gefunden: Weil sie sich keinen öffentlichen Nahverkehr mehr leisten konnte, zahlte eine Kleinstadt Geld an Uber, um ihren Bürgern noch günstigere Fahrten zu ermöglichen. Die Daten bleiben aber, natürlich, bei dem Unternehmen.

3. Datenvorsprung

Je mehr Kundendaten die großen Technologieunternehmen sammeln, um ihre Algorithmen zu verbessern, desto schwerer bis unmöglich wird es für öffentliche und alle anderen zukünftigen Wettbewerber, sich im Markt durchzusetzen. Das führt auf Dauer zu einer extrem marktbeherrschenden Stellung von Google oder Facebook - mit denen sie sogar Regierungen unter Druck setzen könnten, glaubt Evgeny Morozov.

Nur mit Gesetzen und über die Zurückerlangung der Hoheit über die Daten, könne man eine weitere Abhängigkeit verhindern. Nötig sind gesetzliche Regulierung der Technologie-Riesen wie Google und Facebook, um völlige Kontrolle zu verhindern. Die Nutzer sollten endlich die rosarote Technologie-Brille abnehmen!


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