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AfD und CDU kritisieren LGBTI-Broschüre für Berliner Kitas

Seit Jahresbeginn gibt es in Berlin eine Broschüre für Kita-Erzieherinnen und -Pädagogen, in der Tipps zur Aufklärung über Homo- oder Intersexualität gegeben werden

Kinder mit zwei Müttern oder Jungen, die statt Emil lieber Charlotte heißen wollen: Um Kinder bereits im frühen Alter für Geschlechter- und Familienvielfalt zu sensibilisieren, hat die Bildungsinitiative Queerformat und das sozialpädagogische Fortbildungsinstitut Berlin-Brandenburg eine Handreichung für Erzieher und Pädagoginnen herausgegeben.

"Murat spielt Prinzessin, Alex hat zwei Mütter"

Nach Aussage der Autoren soll das 140-seitige Heft "Fachkräfte, Teams und Einrichtungen der frühkindlichen Bildung" dabei unterstützen, "sich im Rahmen der Inklusionspädagogik mit den Vielfaltsdimensionen Geschlecht, Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung zu beschäftigen". Es sei die erste derartige Handreichung für den Bereich der frühen Bildung in Deutschland, heißt es.


Finanziert wurde die Broschüre vom Berliner Senat. Sie trägt den Titel "Murat spielt Prinzessin, Alex hat zwei Mütter und Sophie heißt jetzt Ben - Sexuelle und Geschlechtliche Vielfalt als Themen frühkindlicher Inklusionspädagogik" und entstand im Zuge der Initiative "Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und Akzeptanz sexueller Vielfalt". 

Zum Umgang mit queeren Themen ermutigen

Thomas Kugler ist Sozialpädagoge und Mitautor der Broschüre. Bei der Arbeit mit Erziehern war ihm aufgefallen, dass es Unsicherheiten bei dem Thema gibt, wie er 2014 dem "Sozialmagazin" sagte: "Eine Unsicherheit drückt sich in der häufig zu hörenden Frage aus: Dürfen wir überhaupt über solche Themen in der Kita sprechen? Es ist daher eine Entlastung für die Kita-Mitarbeiter*innen zu erfahren, dass sie das Thema 'sexuelle Vielfalt' nicht nur bearbeiten dürfen, sondern das sogar sollen." Kinder könnten von klein auf einen konstruktiven und integrierenden Umgang mit Vielfalt lernen, wenn Erzieherinnen schon in der Kita selbstverständlich über queere Themen sprechen.


Das erste Ziel der Handreichung soll also die Aufklärung sein: Dafür sind in dem Heft Erfahrungsberichte, Praxishilfen und pädagogisches Material zusammengestellt. Zudem soll eine Checkliste den Einrichtungen die Möglichkeit geben, selbst zu überprüfen, wie vielfältig sie sind. 

Berliner CDU will Verteilung der Broschüre stoppen

Kaum veröffentlicht, gibt es Kritik an der Broschüre. Die CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus will kommende Woche einen Antrag stellen, in dem sie den rot-rot-grünen Senat auffordert, die "Verteilung/Verbreitung sowie Nutzung der Broschüre unverzüglich zu stoppen und zurückzuziehen".

Fragen der sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt gehörten nicht in die Berliner Kindertagesstätten, heißt es in der Begründung des Antrags, der rbb|24 vorliegt. "Die dort betreuten Kleinstkinder sollen Kind sein dürfen, ohne in jüngsten Jahren mit Fragestellungen zur sexuellen Identität konfrontiert zu werden", schreibt der Fraktionsvorsitzende Florian Graf in dem Antrag.


Auch AfD Brandenburg kritisiert Initiative für Broschüre scharf


Die AfD Brandenburg hält das Bildungskonzept in ihrer Mitteilung für gescheitert: "Frühsexualisierung lehnt die AfD kategorisch ab", so der jugend- und bildungspolitische Sprecher der AfD-Fraktion im Landtag Brandenburg, Steffen Königer. Dieser Ansatz sei keine Aufklärungsarbeit, sondern eine Idee, "die nur kranken Hirnen mit pädophilen Hintergedanken entsprungen zu sein scheint".


Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie weist diesen Vorwurf entschieden zurück. Die Äußerungen der AfD seien populistisch und kenntnisfrei, teilte Senatssprecherin Iris Brennberger mit. Sie wirft dem AfD-Abgeordneten Königer vor, sich nicht einmal die Mühe gemacht zu haben, in die Handreichung für Erzieherinnen und Erzieher zu schauen. "Damit werden keine Kinder 'sexualisiert'", so Brennberger. "Die Handreichung richtet sich ausschließlich an das pädagogische Fachpersonal. Der Umgang mit Vielfalt und Diversität gehört in Berlin längst zur Lebenswirklichkeit von Erwachsenen und Kindern. Auf billige Art und Weise macht dieser Abgeordnete Stimmung gegen Toleranz und Vielfältigkeit."

Das Heft ist online als PDF abrufbar. So soll auch anderen Kita-Einrichtungen in Deutschland ermöglicht werden, sich an den Tipps zu orientieren.


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