Sachsen hat in den vergangenen Wochen mit der Zeltstadt in Dresden für negative Schlagzeilen in Sachen Flüchtlingsunterbrinung gesorgt. Jetzt wird in Leipzig eine Turnhalle zur Notunterkunft umfunktioniert. Die Pläne der Landesregierung haben in Leipzig so manchen überrascht - zumal die Versorgung vorab nicht sichergestellt wurde. Das übernahmen am Wochenende ehrenamtliche Helfer.
von Jennifer Stange, MDR INFO
Die Situation wirkt auf den ersten Blick entspannt. Vor der Sporthalle auf der Wiese am Elsterflutbecken sitzen Geflüchtete auf Bänken, spielen Volleyball, essen grüne Äpfel. Zwischendrin immer wieder Menschen mit roten T-Shirts, manche mit Mundschutz. Es sind Freiwillige vom Johanniter-Katastrophenschutz. Kevin Herrmann von der Einsatzgruppe der Stadt Leipzig gehört dazu: " Wir sind hier seit Freitag 18 Uhr im Einsatz. Im Rahmen eines Amtshilfeersuchs der Landesdirektion bei der Stadt Leipzig und wurden quasi ad hoc, also scharf, alarmiert."
"Weitere Zeltstadt vermeiden"Seit vergangenem Dienstag steht fest, dass die größte Sporthalle der Universität Leipzig als Flüchtlingsunterkunft genutzt werden soll. Vom Bett bis zur Zahnbürste mussten die Freiwilligen alles in kürzester Zeit organisieren. Sonja Brogiato vom Leipziger Flüchtlingsrat sagt: " Natürlich ist es Aufgabe des Staates, die Menschen zu versorgen, unterzubringen und hier Lösungen finden. Großartig ist der Einsatz der Johanniter und jetzt geht es darum, einfach diese Kräfte zu bezahlen - die Struktur auf die Beine zu stellen, auf die sie gehört, nämlich Hauptamt." Ehrenamtlich engagiert sich der Flüchtlingsrat seit Jahren. Derzeit koordiniert er Privatleute, die helfen wollen und die Spendenannahme: Decken, Kleidung, Hygieneartikel - eigentlich Aufgabe des sächsischen Innenministeriums. Aus Dresden reiste am Sonntagnachmittag Integrationsministerin Petra Köpping an. Sie bedankte sich bei den ehrenamtlichen Helfern, umarmte die Vorsitzende des Flüchtlingsrates und erklärte: " Erste Aufgabe war ja, weshalb wir die Turnhalle überhaupt belegt haben, dass wir Obdachlosigkeit vermeiden, dass wir weitere Zeltstädte vermeiden und insofern ist das sicher eine bessere Lösung als eine Zeltstadt." Sie verspricht Stellwände, Container für die bessere sanitäre Versorgung und einen Betreiber, der die Einrichtung Anfang dieser Woche übernehmen soll.
Alternativen findenKnapp über 100 Männer, Frauen und Kinder aus unterschiedlichen Ländern, hauptsächlich Syrien, leben seit Freitag in der Turnhalle. Laut Landesdirektion sollen hier auf unbestimmte Zeit bis zu 500 Menschen leben. Sonja Brogiato vom Leipziger Flüchtlingsrat sagt: " Natürlich ist das nicht in Ordnung, die Menschen haben keine Privatsphäre. Sie können sich nicht zurückziehen. Sie haben ihr Paket an Last: Erlebnisse im Herkunftsland, die lange Flucht. Und jetzt finden sie sich wieder unter vollkommen Fremden, ohne die Möglichkeit sich zurückzuziehen, zur Normalität zu finden." Der Leipziger Oberbürgermeister hatte sich überrascht aus dem Urlaub gemeldet und gemeint, es würde auch bessere Möglichkeiten als die Turnhalle gegeben. Immerhin ist man jetzt im Gespräch mit den örtlichen Verantwortlichen, so Integrationsministerin Köpping.
Zuletzt aktualisiert: 17. August 2015, 11:41 Uhr
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