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Spuck mich glücklich - Wiener Zeitung

Wien. Wenn Sie jemandem auf den Straßen Wiens ein Kind bespucken sehen, müssen Sie nicht gleich das Jugendamt verständigen. Es könnte sich um ein abergläubisches Ritual handeln. Viele Menschen vom Balkan, aus dem Nahen Osten und Nordafrika halten stark an ihrem Aberglauben fest.

Sie legen großen Wert auf glücksbringende Praktiken und haben diese regelrecht perfektioniert und an die heutige Zeit und deren Umstände angepasst. Also empfiehlt es sich, sich auf dem Weg zum Glück und Vermeidung von Unglück, an tunesische Väter, syrische Mütter und serbische Großmütter zu halten. Ihre Nachkommen wissen es natürlich besser und glauben eigentlich nicht daran. Dennoch befolgen sie diverse Riten - denn sicher ist sicher.

Arme schwarze Tasche: Die Frauen Ex-Jugoslawiens beispielsweise achten stets penibel darauf, ihre Taschen nicht auf dem Boden abzustellen. Der Aberglaube besagt, dass eine Tasche auf dem Boden Armut magisch anzieht. Als weiblicher Gast in einem solchen Haushalt wird frau vermutlich von den Gastgeberinnen energisch, fast schon empört aufgefordert, ihre Tasche auf dem Sofa abzulegen oder sie im Vorzimmer aufzuhängen. Oft heben die Gastgeberinnen die Tasche aber auch einfach selbst auf und murmeln nur etwas von wegen Boden, Tasche und kein Geld haben.

Glückswasser: Die 22-jährige Dragana war ziemlich verwirrt, als ihr am Tag ihrer Führerscheinprüfung die Großmutter mit einem Glas Wasser durchs Stiegenhaus folgte. "Geh du nur weiter", war Omas Antwort auf die leicht verstörte Miene ihrer Enkelin. Als Dragana den ersten Schritt durch die Eingangstür machte, hörte sie wie Wasser hinter ihr verschüttet wird. Ihre Oma hatte es ihr nachgeschüttet, damit sie Glück bei ihrer Prüfung hat. Diese soll so flüssig wie Wasser verlaufen, so die Botschaft dahinter. Wenn aber gerade die österreichischen Nachbarinnen im Stiegenhaus plaudern und zusehen, wird notfalls eben nur die Klospülung betätigt.

Schuhsohle gen Erde: Eine Einladung zum Speisen bei einer arabischen Familie und einem anschließenden Tee auf der Couch gehören zu den normalen Gastfreundlichkeiten dieser Kultur.

Bei einem nach Pfefferminz duftenden Tee wird es gern einmal ganz behaglich, und ehe man sich versieht, liegt man zurückgelehnt mit übereinander geschlagenen Beinen auf der Couch. Dies ist eine der unhöflichsten Gesten im arabischen Raum. Denn die Schuhsohle gilt als unrein, und Unreines hat nur auf seinesgleichen zu zeigen. Aus dem Grund werden in arabischen Ländern die Schuhe nach dem Ausziehen nie nach Belieben hingeworfen, sondern immer fein säuberlich hingestellt, mit der Schuhsohle nach unten gerichtet.

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