Die Arbeit einer V-Person des Verfassungsschutzes ist in der Öffentlichkeit stets mit Missverständnissen, Klischees und Lügen behaftet. Die Erfolge bleiben dabei in den meisten Fällen unbeachtet - lediglich die Skandale und Unzulänglichkeiten beherrschen die Schlagzeilen der Medien, wenn es um den Verfassungsschutz geht. Immer wieder wird der Ruf nach einer Auflösung des Nachrichtendienstes laut, sachliche Stimmen fordern mindestens eine grundlegende Reform.Max F. (Name geändert) hat sich als freiwilliger V-Mann dem Verfassungsschutz zur Verfügung gestellt und war in den Neunziger Jahren im Bereich des politischen Extremismus tätig. Im vorliegenden und in mehreren Teilen bestehenden Interview berichtet er über seine Erfahrungen, will Missstände aufgreifen und Hinweise für Reformen liefern.
Max: Ich hatte die Aufgabe, verschiedenste Informationen zu sammeln; aber auf offenen Wegen mit verdeckten Mitteln. Nachdem ich durch meine Kontakte zuhause unkomplizierten Zugang zu den "Republikanern" in Hamburg bekam, bewegte ich mich relativ unauffällig auf deren Versammlungen und Treffen. Ich trieb mich herum und hielt meine Augen und Ohren auf, machte mir unauffällig Notizen und fasste meine Beobachtungen schließlich in Berichten zusammen.
TraveTage: Hört sich erst einmal ziemlich unkompliziert und harmlos an - aber irgendwann fällt so ein Verhalten doch auf?
Max: Nicht unbedingt. Wichtig ist natürlich, dabei einige Kleinigkeiten unbedingt zu beachten, wofür Gastrow zuvor die Grundlagen gelegt hatte. Effektiv ist es zum Beispiel, sich nur die wichtigsten Dinge zu merken - und dass sind meistens Namen, Daten und Nummern. Von den Zusammenhängen bleibt mehr im Unterbewusstsein, als man meint und die wichtigsten Schlüsse ziehen nachher sowieso die Analysten im Amt. Wichtig ist es, von Zeit zu Zeit sein Gedächtnis zu entlasten; also regelmäßig auf Toilette zu gehen um sich von jenen Dingen Notizen zu machen.
TraveTage: Immerhin liegen diese Dinge bereits über zwanzig Jahre zurück, heute ist dieser Arbeit doch sicher etwas einfacher?
Max: Zumindest unkomplizierter, vielleicht. Die Grundlagen sind aber immer noch dieselben. Und die Ziele: Immer noch sollte es heute nur darum gehen, Informationen zu sammeln - diese zu analysieren und zusammen zu tragen. Eigentlich ist die „richtige" Tätigkeit eine V-Manns eine Mischung zwischen dem des Journalisten und eines Schauspielers. Der Verfassungsschutz ist erstmal immer noch ein passiver Nachrichtendienst, der zur Erstellung von Lagebildern dient - damit sich der Bund und die Landesregierungen ein Bild machen können, wie der Gegner "tickt".