Interview: Janina Martens
Wie können wir respektvoll mit Tieren umgehen? Auf der Suche nach Antworten ging der "Financial Times"-Autor Henry Mance angeln, jagen, heuerte in einem Schlachthaus an, traf sich mit veganen Gourmets und Laborfleisch-Visionären.
ZEIT ONLINE: Herr Mance, es gibt unzählige Sachbücher über Tierethik und Veganismus. Warum braucht es noch eines?
Henry Mance: Unsere Beziehung zu Tieren ist extrem widersprüchlich: Auf der einen Seite teilen wir Katzenvideos, sind fasziniert von Panda-Dokus und der Hund ist unser bester Freund. Auf der anderen Seite essen wir Rindersteaks, Eier, Chicken Nuggets und nehmen hin, dass die Tiere unter schlimmsten Bedingungen gehalten und getötet werden. Über diese Widersprüche denken wir im Alltag selten nach. Vor unserer Haustür sehen wir keine Schlachthöfe. Deshalb braucht es Bücher. Beim Lesen setzen wir uns intensiv mit dem Thema auseinander - und merken: Wir können etwas ändern. Ich kenne viele Veganer, die nicht einfach so Veganer wurden, sondern durch ein Buch.
ZEIT ONLINE: Was unterscheidet Ihr Buch von anderen?
Mance: Mir ist ein ganzheitlicher Blick wichtig. Es gibt eine scheinbare Kluft zwischen Naturschützern und Tierrechtlern - die einen wollen das Aussterben von Tierarten und die Zerstörung von Ökosystemen verhindern und die anderen das Leiden einzelner Tiere. Sollen wir zum Beispiel Rotwild schießen, damit die Wälder wachsen können? Tierschützer beantworten diese Frage klar mit Nein, Naturschützer mit Ja. Es ist also kompliziert. Viele Bücher verfolgen entweder die eine oder andere Sichtweise. Ich wollte ergebnisoffen beide Seiten betrachten. In meinem Buch geht es sowohl um das Wohl von Nutztieren als auch um den Schutz von Wildtieren, ich habe mit Rinderzüchtern ebenso gesprochen wie mit Zoobetreibern, mit Jägern wie mit Tierrechtlern.
ZEIT ONLINE: Der englische Originaltitel ihres Buches lautet How to Love Animals. Müssen wir Tiere lieben, um ihnen ein gutes Leben zu ermöglichen?
Mance: Vielleicht muss man sie nicht lieben, aber respektieren schon. Man könnte ja meinen, die Menschen lieben Tiere über alles. Politikerinnen zeigen sich auf Social Media mit Katzen und Hunden und ernten dafür Tausende Likes. Leute sagen, dass sie Tiere lieben. Es ist, als müsse man das sagen, um ein guter Mensch zu sein. Ich habe mal ein Interview zwischen einem rechten TV-Moderator und einem veganen Aktivisten gesehen. Der Moderator wollte den Veganer angreifen, konnte aber nicht umhin, auch zu sagen: Ich liebe Tiere. Doch ich zweifle diese Tierliebe an.
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