Wirtschaft Alltag in der Corona-Teststelle
2500 Abstriche am Tag - „Erbrochen hat sich zum Glück noch niemand"Benedikt Hart ist Rettungssanitäter beim Roten Kreuz am Frankfurter Flughafen. Dort testen er und seine Kollegen tausende Reiserückkehrer auf das Coronavirus. Hier erzählt er von seinem Alltag - und warum ein Chaos wie in Bayern in Hessen nicht passieren kann.
Eigentlich bin ich Sanitäter und Rettungsdienstleiter beim Roten Kreuz, seit knapp zwei Wochen leite ich das Testzentrum im Frankfurter Flughafen. Dort werden Passagiere auf das Coronavirus getestet, für Rückkehrer aus Covid-19-Risikogebieten gilt seitdem die Testpflicht.
Pro Tag schafft mein Team mindestens 2500 Abstriche, davon sind ungefähr ein Prozent positiv. Das klingt wenig, wichtig ist aber, dass jedes positive Ergebnis eine weitere Infektionskette früh unterbricht.
Mit 21 Jahren begann ich die Ausbildung zum Rettungsassistenten, heute bin ich Notfallsanitäter und habe außerdem eine kaufmännische Ausbildung abgeschlossen. Das ist insofern hilfreich, weil weniger die Tests als vor allem die Logistik eine Herausforderung ist.
Meine Aufgabe ist es, den reibungslosen Ablauf vor Ort zu organisieren: Ich stelle neue Mitarbeiter ein, bin in Kontakt mit dem Gesundheitsamt und stimme den Materialeinkauf mit unserem Logistikpartner ab.
Jeweils 30 Personen nehmen in zwei Schichten pro Tag die Abstriche. Um uns nicht selbst anzustecken, brauchen wir täglich neue FFP2-Masken, Schutzanzüge, Kopfhauben, Brillen und Handschuhe.
Weil der Schutz vor Ansteckung dadurch sehr hoch ist, testen wir uns selbst nicht regelmäßig. Zum Glück haben sich die Preise für die Ausrüstung wieder halbwegs normalisiert, nachdem ja insbesondere Masken zwischenzeitlich extrem teuer wurden.
Zwar habe ich mobile Klimaanlagen im Testzentrum aufgestellt. Doch gerade jetzt im Sommer, wenn es 30 Grad oder mehr ist, kommt man unter dem Schutzanzug schnell ins Schwitzen.
Außerdem ist der Abstrich eigentlich immer derselbe Handgriff, wirklich abwechslungsreich ist dieser Teil der Arbeit natürlich nicht. Deshalb arbeitet jeder nur 45 Minuten am Stück unter dem Anzug, danach wird gewechselt.
Wenn zu den Stoßzeiten Flieger aus Risikogebieten landen, herrscht viel Betrieb. Mehr als 30 Minuten wartet aber in der Regel niemand. Die Abstriche muss kein Arzt durchführen, obwohl immer einer vor Ort ist. Trotzdem sollte man genau wissen, wie die Speichelprobe korrekt entnommen wird. Deshalb setze ich nur geschultes Personal ein, beispielsweise auch Arzthelfer. In Hessen hilft teilweise die Bundeswehr bei administrativen Aufgaben. Die Registrierung übernehmen unter anderem einige Studenten.
Ab und zu passiert es, dass jemand durch das Stäbchen im Rachen würgen muss, erbrochen hat sich zum Glück noch niemand. Die Passagiere sind meist gelassen und kooperativ, aggressiv war uns gegenüber noch niemand.
Allerdings lässt sich beim Roten Kreuz auch keiner gegen seinen Willen testen - meine Aufgabe ist es nicht, die Passagiere nach dem Ausstieg abzufangen. Denn die Pflicht sagt nichts darüber aus, wo der Test stattfinden muss - das geht theoretisch auch beim Hausarzt.
Ein Chaos beim Meldesystem, wie es nun in Bayern passiert ist, droht in Hessen nicht. Hier registrieren sich Getestete in einem Onlinesystem. Innerhalb von 24 Stunden folgt der Befund per E-Mail und das Labor macht Meldung beim Gesundheitsamt.
Wer sich vor 15 Uhr testen lässt, bekommt das Ergebnis oft noch am selben Tag. Rückblickend kann man natürlich sagen, dass Testzentren an Flughäfen schon früher sinnvoll gewesen wären. Aber im Nachhinein ist man immer schlauer.
Wichtig für mich ist, dass wir vor Ort gute Arbeit leisten und damit einen Teil dazu beitragen, das Infektionsgeschehen einzudämmen. Für weitere Testzentren etwa in Schulen oder Altersheimen steht das Rote Kreuz zur Verfügung. Das wäre dann eine politische Entscheidung. Schlussendlich ist ein Test aber immer nur eine Momentaufnahme.
Notiert von Jan Klauth