Am Vormittag des 20. März 2015 wird es dunkel in Deutschland. Oder zumindest etwas dunkler. Denn zwischen halb zehn und kurz vor Mittag schiebt sich der Mond zwischen Sonne und Erde und blockiert bis zu gut 80 Prozent des Sonnenlichts. Diese partielle Sonnenfinsternis wird bei wolkenfreiem Himmel Millionen begeistern und zugleich die Stabilität des Stromnetzes auf die Probe stellen. So warnen jedenfalls die vier Betreiber der deutschen Übertragungsnetze - Amprion, Tennet, 50Hertz und TransnetBW. Der Grund: Während der Abschattung könnte die Erzeugungsleistung der vielen Solaranlagen in Deutschland um bis zu 19.000 Megawatt sinken.
Auch der europäische Verband der Netzbetreiber, Entso-E, schätzt die Folgen der Sonnenfinsternis für fast den ganzen Kontinent ab (PDF). Doch da knapp die Hälfte aller europäischen Solaranlagen mit über 89.000 Megawatt Leistung in Deutschland stehen, sind hier die Auswirkungen besonders zu beachten. Nur Norditalien mit einer vergleichbaren Dichte an Solarparks wird sich ähnlich wie Deutschland wappnen müssen.
Laut einer Studie besteht keine Gefahr"Doch es besteht keine Gefahr, da das Ereignis ganz gut planbar ist", sagt Volker Quaschning, Energieexperte an der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft. Er muss es wissen, denn schon im vergangenen Jahr erstellte er mit seinen Kollegen eine umfassende Studie zum Einfluss der kommenden Sonnenfinsternis auf die deutsche Solarstromerzeugung (PDF). Dabei berücksichtigten sie die Lage der gut 1,4 Millionen über Deutschland verteilten Solaranlagen mit insgesamt über 39.000 Megawatt Leistung. Ein wichtiger Faktor, da die Sonne im Norden zu über 80 Prozent, in München höchstens nur 67,8 Prozent vom Mond verdeckt sein wird.
Jeder der vier Netzbetreiber ist zudem für eine Regelzone in Deutschland verantwortlich, die Quaschning und Kollegen einzeln betrachteten. An normalen, leicht bewölkten Tagen lassen sich Schwankungen in der Solarstromerzeugung zwischen den Regionen ausgleichen. Da sich die Sonnenfinsternis jedoch gleichzeitig auf ganz Deutschland auswirkt, fällt diese gegenseitige Unterstützung weg. Sollte am 20. März keine einzige Wolke am Himmel sein, werden die vier Netzbetreiber die Situation jeder für sich allein meistern müssen. "Aber sollte es bewölkt sein, wird die Stabilisierung des Stromnetzes kein Thema sein", sagt Quaschning.
Herrscht allerdings Kaiserwetter, steigt der Bedarf an sogenannter Regelleistung. Damit werden Schwankungen im Stromnetz binnen weniger Sekunden oder einiger Minuten ausgeglichen. Sie wirkt sowohl bei einem Strommangel als auch bei einem Stromüberschuss. Beide Fälle werden während der Sonnenfinsternis eintreten. Erst sackt die solare Stromerzeugung mit zunehmender Verschattung ab, danach steigt sie wieder an, bis die Sonne in ihrer kompletten Pracht wieder scheint. Aber bei einer Sonnenfinsternis geht das Licht nicht schlagartig aus und danach wieder plötzlich an. "In diesem Fall hätten wir wirklich ein Problem", sagt Quaschning.