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Hepatitis C: Fällt die 1.000-Dollar-Pille?

Grippesymptome, gelbe Haut, Organversagen: Allein in Deutschland haben mindestens 300.000 Menschen die Leberkrankheit Hepatitis C, weltweit mehr als 150 Millionen. Ihnen allen könnte mit einem einzigen Mittel geholfen werden: Sofosbuvir. Das Problem: Weil der Hersteller Gilead in vielen Ländern übertrieben hohe Preise verlangt, wollen die Krankenversicherungen oftmals nicht bezahlen.

Für die Hilfsorganisationen Ärzte der Welt und Ärzte ohne Grenzen ist das untragbar. Gemeinsam mit weiteren Organisationen aus insgesamt 17 Ländern legten sie am Montag Klage beim Europäischen Patentamt in München ein, um dem Hersteller das Patent entziehen zu lassen. So soll der Wirkstoff für alle Hepatitis-C-Kranken in Europa leichter zugänglich werden. Ihre Vorbilder sind Ägypten und Brasilien. Erst am Dienstag hatte die brasilianische Arzneimittelzulassungsbehörde den Antrag auf ein Patent abgelehnt.

Doch wie gut ist das Mittel wirklich? Für wen ist es geeignet? Und wie gut stehen die Chancen auf Erfolg?

95 Prozent der Erkrankten sind nachher gesund

Hepatitis C ist eine Viruserkrankung. Der Übeltäter misst bloß wenige Nanometer, doch er ist gefährlich. Das Virus versteckt sich in den Leberzellen des Menschen. Die geschwächten Zellen werden dann zusätzlich noch vom Immunsystem angegriffen und gehen kaputt. Im schlimmsten Fall kann die Leber versagen - und andere Organe gleich mit. Das ist lebensbedrohlich.

Hepatitis C

Mehr als zweieinhalb Prozent der Menschheit sind mit dem Hepatitis-C-Virus (HCV) infiziert, die Weltgesundheitsorganisation WHO spricht von weltweit mehr als 170 Millionen Betroffenen und jährlich 350.000 Toten.

In Deutschland wurde das Virus bei mindestens 300.000 Menschen festgestellt, wie die Organisation Ärzte der Welt berichtet. Die tatsächliche Zahl ist wohl deutlich größer. Früher wurde die Krankheit als Non-A-non-B-Hepatitis bezeichnet, weil der Erreger lange unbekannt war und man nur wusste, dass weder Hepatitis A noch B als Ursache infrage kamen. Erst im Jahr 1988 gelang es mit neuen, gentechnischen Methoden, HCV zu beschreiben. Der Erreger ist äußerst variabel und lässt sich in sechs Varianten aufteilen: Während die Genotypen 5 und 6 eher in Afrika und Asien vorkommen, sind hierzulande 1, 2 und 3 verbreitet. Der Genotyp 1 ist in ganz Europa bei Weitem der häufigste, er löst besonders oft chronische Erkrankungen aus.

Anders als bei Hepatitis A und B gibt es keine Impfung gegen die C-Varianten. Die neuen Medikamente sind auch für die meisten Betroffenen in armen Ländern ein Hoffnungsschimmer. Zwar sind die Mittel noch zu teuer, aber ähnlich wie bei den HIV-Arzneien könnte der Preis nach einigen Jahren drastisch sinken. Am wirksamsten ist derzeit das Mittel Sofosbuvir.

Sofosbuvir stört die Enzyme, die der Erreger nutzt, um sein Erbgut zu vervielfältigen, und wirkt damit wie andere Medikamente vor ihm. Das eigentlich Revolutionäre ist also nicht, wie Sofosbuvir wirkt - sondern wie gut: Bis zu 95 Prozent der Erkrankten sind nach der zwölfwöchigen Behandlung mit der Pille geheilt.

Wer alle behandeln will, benötigt Milliarden

Die Weltgesundheitsorganisation listet es daher als ein unentbehrliches Arzneimittel. Und Hersteller Gilead verteidigt damit den hohen Preis. Als es 2013 in den USA auf den Markt kam, kostete eine Behandlung 84.000 Dollar. Das entspricht 1.000 Dollar pro Tablette. In Deutschland liegen die Behandlungskosten bei etwas weniger, umgerechnet 45.000 Euro.

Das klingt zunächst nicht viel, schließlich retten Ärzte damit Leben. Doch wenn jeder der 300.000 Hepatitis-C-Patienten in Deutschland diese Behandlung bekäme, würde dies Kosten in Höhe von 10 Milliarden Euro bedeuten. Das entspricht einem Drittel aller Ausgaben, die Krankenkassen für Medikamente in Deutschland ausgeben, wie Ärzte der Welt ausgerechnet hat.

Zumindest einmalig. Denn, so argumentiert Jochen Stemmler vom Verband der Forschenden Arzneimittelhersteller, die meisten Betroffenen sind nach einer Therapie geheilt und brauchen dann keine Medikamente mehr. Man sehe schon jetzt, dass die Ausgaben für Hepatitis-C-Patienten im vergangenen Jahr zurückgegangen sind.

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