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"Meinungsmache im Netz": Youtuber reagieren auf AKK-Aussage

Was sagen Youtuber zur Diskussion über Meinungsfreiheit im Netz? Und wie können die Parteien junge Wähler wieder erreichen? Zwei Youtuber antworten.

Annegret Kramp-Karrenbauer hat eine Debatte darüber entfacht, wie mit Meinungsäußerungen im Digitalen umgegangen werden soll. Dass die CDU-Chefin damit die Meinungsfreiheit im Internet regulieren will, hat sie zurückgewiesen. Viele hatten den Vorstoß allerdings so verstanden und Kritik geübt - auch innerhalb der CDU.

AKK nahm mit ihrem Statement unter anderem Bezug auf einen Aufruf von mehr als 90 Youtubern, der vom Youtuber Rezo initiiert worden war, der die Partei kurz zuvor mit seinem 55-Minüter " Die Zerstörung der CDU" scharf attackiert hatte. Was sagen die, die jetzt im Fokus stehen? Wir haben mit zwei Youtubern gesprochen.


Wie stehen die Youtuber zu AKKs Aussage?

"Was wäre eigentlich in diesem Lande los, wenn eine Reihe von, sagen wir, 70 Zeitungsredaktionen zwei Tage vor der Wahl erklärt hätten, wir machen einen gemeinsamen Aufruf: Wählt bitte nicht CDU und SPD?" - so Annegret Kramp-Karrenbauers Reaktion auf die Rezo-Debatte. Bei den Youtubern Robin Blase und Mirella Precek kommen diese Äußerungen nicht gut an.

Es sei "sehr schwierig", wenn es auf einmal darum gehe, Meinungsfreiheit in einer Demokratie regulieren zu wollen, sagt Mirella Precek. "Es ist besonders schade, wenn man auf die Reaktionen der CDU schaut, dass es nie um den Inhalt des Videos geht. Stattdessen geht es auf einmal um Regulierung und die Haarfarbe von Rezo". Auch Robin Blase hat seine Probleme mit dem Zitat: Zum einen, weil Kramp-Karrenbauer "behauptet, dass es so etwas bei Tageszeitungen nicht geben dürfte" - was so nicht stimme, sagt der Youtuber. Zum anderen zeige es, dass es bei vielen Politikern kein Verständnis für die Welt der Youtuber gebe. Es sei ein großes Missverständnis, dass Youtuber ihre Reichweite nutzten, um Meinung zu machen. "Es wird vergessen, wie Youtube funktioniert. Damit ein Video wie das von Rezo geklickt wird, muss erst einmal ein Grundinteresse am Thema, in diesem Fall Politik, bestehen". Das heißt, dass sich die gleiche Zielgruppe, die Videos über "peinliche Kinderfotos" und "die dümmsten Anmachsprüche" anschaue, auch über Politik informieren wolle - und das auch getan habe. "Es sind mündige Abonnenten, die sich nichts diktieren lassen."

Auch Precek verweist darauf, dass Rezos Channel ein persönlicher Channel sei und das Video nicht auf einem Infokanal hochgeladen wurde. Auf seinem Kanal sei "die Meinungsäußerung vollkommen legitim".

Braucht es neue Regeln für die Meinungsmache im Netz?

Warum es jetzt neue Regeln geben sollte, kann Precek nicht verstehen. "Rezo hat nichts gemacht, was verwerflich ist." Im Gegenteil, sie sieht einen Mentalitätswandel bei Youtubern und Influencern, die sich engagieren und Politik zum Thema machen, "das ist cool". Und die CDU? "Es ist sehr spannend zu sehen: Die CDU hat große Einbußen hinnehmen müssen. Man merkt, dass sich hier jemand sehr angegriffen fühlt." Auch Blase denkt: Für Videos wie das von Rezo sollte es keine neuen Regeln geben. Allerdings: "Grundsätzlich kann gern über die Debattenkultur im Netz gesprochen werden, über Bots, Fakenews und so weiter. Aber gerade das Video von Rezo ist das beste Beispiel dafür, wie eine Debattenkultur aussehen könnte."

Wie können sich Parteien jungen Wählern im Internet annähern?

Nachdem die CDU-Zentrale erst gar nicht auf das Video von Rezo reagierte, gab es dann doch eine neue Strategie: Der 26-jährige Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor sollte ein Antwort-Video drehen. Das wurde dann später aber wieder abgesagt. Stattdessen lud die CDU Rezo zu einem Gespräch ein - eine Antwort des Youtubers blieb aber bisher aus.

Blase und Precek halten diese Kommunikationsstrategie für stark ausbaufähig. Das Gefühl, dass die jungen Wähler gehört und ernst genommen würden, blieb für sie aus. "Kein einziges Mal wurde gesagt, dass ein Fehler gemacht wurde oder es einen Plan für die Zukunft gibt", ärgert sich Precek zudem. Es sei unbedingt notwendig, den Wählern Gehör und Verständnis entgegen zu bringen, fordern die beiden Youtuber. "Es geht hier nicht um Youtuber versus Politiker. Es geht um eine ganze Generation, die nicht ernst genommen wird", so Blase.

"Politik muss wieder nahbar sein"

Junge Leute vor die Kamera zu setzen, um junge Leute zu erreichen - für Blase auch keine optimale Strategie. "Es ist viel sinnvoller, Personen zu finden, die Leidenschaft, Interesse und Kompetenz mitbringen." Es gehe nicht zwangsweise darum, jünger, cooler und hipper zu werden. Blase verweist an dieser Stelle auf Youtuber wie LeFloid oder Gronkh, die älter sind als ihre Zielgruppe und extrem reichweitenstark sind. "Es hat nichts mit dem Alter zu tun." Auch Precek glaubt, dass es hier nicht um Fragen des Alters geht. Vielmehr müssten die Parteien versuchen, Persönlichkeiten in den sozialen Netzwerken zu positionieren, die dann mit der Partei verbunden würden. Das sei auch das, was Influencer so erfolgreich mache: die starke Persönlichkeit - und Authentizität. "Politik muss wieder nahbar sein."

Wie ist das Selbstverständnis der Youtuber?

Die CDU-Chefin hat mit ihrem Statement auch einen Vergleich von Youtubern und Journalisten aufgestellt. Wie sehen sich die Youtuber selbst? "Youtuber können und werden Journalisten nicht ersetzen", sagt Robin Blase und betont den Stellenwert des Journalismus in der Demokratie.

Ähnlich sieht es Mirella Precek, die Journalisten mehr Neutralität zuschreibt. "Bei Youtubern geht es viel mehr um Persönlichkeiten." Das eine schließe das andere aber nicht zwingend aus. Blase verweist auf Journalisten wie MrWissen2go, der guten Journalismus auf Youtube betreibe. Hinter dem erwähnten Youtuber steckt der Journalist Mirko Drotschmann. Von solchen Formaten würde sich Blase mehr wünschen. Rezo hingegen sieht er nicht als Journalist an, auch wenn er journalistisch gearbeitet habe. "Auch Rezo selbst würde sich nicht als Journalist bezeichnen."

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