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Schweizer Autor Otto Hostettler berichtet über seine Recherchen im Darknet

Von Isabelle Mittermeier

WIESBADEN - 

„Stellen Sie sich das Internet als Ozean vor. Wenn Sie auf Seiten wie Google oder Amazon surfen, dann sind das die Fischernetze an der Wasseroberfläche - im oberen Bereich des Internets." Mit diesen Worten nahm der Journalist Otto Hostettler seine Zuhörer im Wiesbadener Presseclub mit auf eine Reise in die Tiefen des Darknets. Für seine Recherchen benutzt der Schweizer Autor schon lange „Tor", eine Software, die die eigenen Spuren im Internet anonymisiert. „Das ist nicht illegal. Journalisten, Ermittler und Geheimdienste nutzen diese Software. Es hat sich einfach so eingebürgert, dass die meisten Nutzer Browser verwenden, die ihre Daten nicht anonymisieren", sagt Hostettler, der unter anderem für die Schweizer Zeitschrift „Beobachter" arbeitet.


Seine Rechercheergebnisse über die tieferen Ebenen des Internets hat er in einem Buch zusammengefasst. In „Darknet. Die Schattenwelt des Internets" schreibt er über seine Gespräche mit Ermittlern und Online-Dealern.

Auf das Thema Darknet war Hostettler gestoßen, als er seine Masterarbeit in „Economic Crime Investigation" schrieb. „Ich habe mich auf das System der anonymen Marktplätze konzentriert. Es gibt eine Vielzahl von professionellen Plattformen, die rezeptpflichtige Medikamente wie Valium oder Testosteron anbieten", erzählt der Journalist.

Über einen Zeitraum von zwei Jahren beobachtete er die Entwicklung dieser Marktplätze. „Die Anbieter sind hochgradig professionell, und nach meiner Erfahrung sind die Ermittler durchweg überfordert", berichtet Hostettler. Bis auf wenige Fälle würden Online-Händler rezeptpflichtiger Medikamente oder Drogen selten von der Polizei gefasst. „Die Ermittler kümmern sich um den Straßenhandel, aber im Darknet fühlen sich die meisten Händler sicher", sagt Hostettler. Wenn Plattformen von den Behörden geschlossen werden, sprießen sofort neue.


Der einzige Weg, den illegalen Handel einzugrenzen, sind laut Hostettler mehr Schulungen für Ermittler und eine bessere Zusammenarbeit der Ermittlungsbehörden. „Wenn ein Dealer illegale Medikamente vertreibt und in offenen Foren darüber plaudert, dann ist das ein Ansatz für die Polizei", nennt er ein simples Beispiel.

Die Zuhörer im Presseclub staunten über seine Erfahrungen und waren verwundert, wie einfach es ist, an illegale Produkte zu kommen. Hostettler ermahnte nicht nur die Ermittlungsbehörden, sondern auch Journalisten. „Wir als Journalisten dürfen nicht einfach nur nacherzählen. Wir müssen den Dingen mehr auf den Grund gehen." Um die Recherchekompetenz von Journalisten zu verbessern, gibt Otto Hostettler sein Wissen in Schulungen weiter.


Auf die Frage, wie sich der illegale Handel weiterentwickelt, antwortete der Autor mit einer ernüchternden Einschätzung. „Ich gehe davon aus, dass es so weitergeht wie bisher, nur kann es sein, dass die Händler sich bald nicht mehr im Darknet aufhalten, sondern im offenen Internet aktiv werden. Dort können sie, mithilfe von Kryptowährungen, ihre Waren verkaufen."

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